: Ende des Horizonts
FÖRDERN UND FORDERN Einem Projekt für Langzeitarbeitslose droht das Aus. Die Bagis sieht den Bedarf, und will die Maßnahme auch neu ausschreiben, um preislichen Wettbewerbsdruck zu erzeugen. Aber das dauert
Herr D. ist 60, hat seit langem keinen Job mehr, aber ein Alkoholproblem und eine Wohnung ohne Strom und fließend Warmwasser. Sozialarbeiter nennen das eine „multiple Problemlage“. D. ist einer von 80 Langzeitarbeitslosen, die vor gut einem Jahr im Horizont West in Gröpelingen untergekommen sind, dort, wo vor langer Zeit mal die Vulkan-Werft gelegen war. Jetzt ist das Projekt selbst vom Aus bedroht.
Ende August endet die Maßnahme, die von der Bremer Agentur für Integration und Soziales (Bagis) finanziert wird. Ob und wie es weitergeht entscheidet sich aber vermutlich erst danach. Frank Brede, bei der Bagis Leiter der Geschäftsstelle West, rechnet damit, dass das Projekt „wohl erstmal ausläuft“. Dabei ist es das einzige seiner Art im Bremer Westen. Jetzt kämpfen die Arbeitslosen mit einer Unterschriftenliste dafür, dass der Horizont West noch mal um ein Jahr erweitert wird.
„Wir machen hier in erster Linie Krisenbewältigung“, sagt Katharina Mielke, Kunsttherapeutin und Sprecherin eines sechsköpfigen Teams aus Psychologen und Pädagogen, Hauswirtschaftern und Sozialarbeitern. Es gibt eine Holz- und eine Fahrradwerkstatt, Computerkurse und eine Theatergruppe, die gemeinsame Küche und einen Schrebergarten, Diskussionsrunden und Coaching.
Die Menschen hier sind jene, die „nirgendwo richtig reinpassen“, sagt Mielke, die „übrig bleiben“ in der heutigen Arbeitsgesellschaft, die „vor sich hin vegetieren würden“, wenn es Projekte wie dieses hier gar nicht gäbe. 15 Stunden in der Woche müssen die Teilnehmer hier sein. „Viele bleiben aber länger“, sagt Mielke. Nur ein Bruchteil der Leute hier komme für den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt noch in Frage, sagt Mielke. Für viele wäre ein Ein-Euro-Job schon eine Aufstiegsperspektive. Man muss diese Maßnahme „vor allem als Stabilisator von Lebenssituationen betrachten“, schreiben die Teilnehmer selbst in ihrer Unterschriftenaktion, als ein Projekt, das den Teilnehmer die „soziale Integration“ in den Stadtteil „erst ermöglicht“.
Auch Bagis-Mann Brede sagt, dass man Projekte wie diese hier „immer braucht“, dass sie „ganz wichtig sind“. Und dass man von ihnen „vielleicht noch mehr haben sollte“. Über 100.000 Euro will er auch im kommenden Jahr dafür ausgeben. Aber bis es soweit ist, dauert es noch: Die dafür nötige Ausschreibung, sagt Brede, sei ist erst „auf dem Weg“. Die Arbeitslosenverwaltung wird gerade neu organisiert, daher sei die Bagis mit der Vergabe von Geldern zuletzt „etwas verhaltener gewesen“. Selbstverständlich könne sich nun auch der jetzige Träger, die DAA Job Plus GmbH aus Hamburg, wieder bewerben. Aber eben auch andere. Brede spricht von einer „preislichen Wettbewerbskonkurrenz“, und davon, dass hier und da noch „Verbesserungsbedarf“ an dem Projekt bestehe, man „inhaltlich justieren müsse“.
Keiner der Projekt-Teilnehmer „falle ins Bodenlose“, versichert Brede. Allenfalls wieder dem Fall-Manager anheim. „Es stehen 80 Menschen, nicht 80 Fälle zur Disposition“, schreiben sie im Horizont West. JAN ZIER