Gewinner der WM ist die deutsche Wirtschaft

BILANZ In Südafrika verdienten ausländische Firmen Milliarden. Pretoria hofft dafür auf Investitionen

HAMBURG taz | In 50 Seecontainern verschiffte die Kölner Firma Profimiet über eine Million Teller und Gabeln nach Kapstadt, Port Elizabeth und Durban – für die Promis in den VIP-Logen der Fußballweltmeisterschaft, die seit Sonntag vorbei ist.

Doch nicht nur das Catering stammte aus Deutschland: Die Stadien in den drei Großstädten plante das Hamburger Architektenbüro Gerkan, Marg und Partner. Zu den Spielen fuhren die Mannschaften in Bussen von Daimler, das Licht knipste die Siemens-Tochter Osram an. Allein auf den Siemens-Konzern entfielen WM-Aufträge von 1 Milliarde Euro. Ein Großteil aller Investitionen, die Südafrika aufbrachte, floss an rund 400 deutsche Unternehmen.

Für das Land selbst geht es erst nach dem letzten Abpfiff richtig los – wenn überhaupt. Staatspräsident Jacob Zuma sprach von einem „wirtschaftlichen Gewinn für unser Land“: Eine Viertelmillion ausländischer Besucher kamen, rund 130.000 Arbeitsplätze wurden geschaffen, davon 66.000 zeitweilig in der Baubranche und 40.000 nachhaltig bei der Polizei.

Insgesamt hat der südafrikanische Staat mehr als 3,2 Milliarden Euro in eindrucksvolle Stadien, in Telekommunikation und Verkehrsinfrastruktur gesteckt. Doch die Arenen sind für den Alltag der 50 Millionen Einwohner zu groß, und die erste Schnellbahn im Lande verbindet lediglich Johannesburg mit seinem Flughafen. „Kaum wirtschaftlichen Nutzen“ kann deshalb das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung erkennen.

Zuma hofft jedoch auf eine „veränderte Wahrnehmung Südafrikas“ in der Welt. Der überraschend reibungsarme Verlauf des weltgrößten Sportereignisses werde zu einem langfristigen Imagegewinn führen. Außerdem seien zahlreiche junge Südafrikaner ausgebildet und die öffentliche Verwaltung effizienter geworden, lobt der Beratungsmulti Deloitte. Die Regierung der früheren Befreiungsbewegung ANC baut nun auf verstärkte Auslandsinvestitionen.

Das gefällt nicht jedem. „Afrika leidet am meisten unter der rücksichtslosen Außenorientierung seiner Eliten, die Wirtschaft ist auf Export gerichtet“, kritisiert der Befreiungstheologe Boniface Mabanza in einem Beitrag für die Zeitschrift Publik Forum. Das gehe auf Kosten der Armen. Die enorm hohen Kosten für den Stadionbau führten zu tiefen Einschnitten in den städtischen Haushalten. Langfristige Maßnahmen für die Stadtentwicklung wurden der touristischen Verschönerung geopfert.

Auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro beziffert die Internationale Handelskammer das WM-Auftragsvolumen für Exportvizeweltmeister Deutschland. Ein Sieg mit Tradition: Die bundesdeutsche Wirtschaft war schon zu Zeiten der Apartheid (1948 bis 1994) einer der größten Investoren in Südafrika und ist heute der zweitwichtigste Handelspartner nach dem rohstoffhungrigen China. HERMANNUS PFEIFFER