beschleunigtes strafverfahren
: Keine Light-Prozesse

Der Vorschlag der CDU-Juristen ist schlecht für den Rechtsstaat. Sie wollen künftig mehr Straftäter im Schnellverfahren aburteilen. Erstens ist das Schnellverfahren ein Angriff auf das Recht des Beschuldigten, sich in Ruhe einen Anwalt auszusuchen, mit diesem die Akten zu studieren und zu überlegen, ob und welche Aussagen man vor Gericht machen möchte. Diese Möglichkeiten sind keineswegs einseitig überflüssiger Schutz von Straftätern, sondern Grundrechte, die erst ein faires Verfahren ermöglichen. Wer selbst eines Tages zu Unrecht beschuldigt werden sollte, wird sich freuen, sich ausreichend auf den Prozess vorbereiten zu können.

KOMMENTAR VONSEBASTIAN HEISER

Nicht nur Bürgerrechtler beklagen das Schnellverfahren – auch unter Richtern finden sich Kritiker. Auch sie brauchen Zeit, um sich auf einen Prozess vorzubereiten. Zwar können die Richter im Prinzip ein Schnellverfahren verweigern – doch von Politik und den Gerichtspräsidenten wächst der Druck, immer mehr und immer schnellere Verfahren durchzuziehen. Im Juni zum Beispiel wurde einem 36-Jährige ein Ladendiebstahl in einem Juweliergeschäft vorgeworfen. Das Urteil über acht Monate ohne Bewährung fiel noch am Tag der Tat. Aber auch für Delikte wie dieses muss die volle Sorgfalt gelten – es darf keine Prozesse light geben.

Es ist zwar richtig, dass viele Strafverfahren viel zu lange dauern. Und je mehr Zeit zwischen der Tat und dem Urteil verstreicht, desto geringer ist die Abschreckung. Doch die Zwei-Klassen-Gesellschaft der Straftäter verbessert die Situation nicht – im Gegenteil: Je mehr Richter sich mit den Schnellverfahren für Kleinkriminelle beschäftigen, desto weniger Zeit bleibt für die Schwerkriminellen. Deren Prozesse verzögern sich dadurch weiter – und es bleiben genau die länger ohne Urteil auf freiem Fuß, die wirklich dringend hinter Gitter müssten.