: Der Historikerstreit
Am 6. Juni 1986 fragte der Historiker Ernst Nolte in der FAZ: „War nicht der ‚Archipel Gulag‘ ursprünglicher als ‚Auschwitz‘? War nicht der Klassenmord der Bolschewiki das logische und faktische Prius des Rassenmords der Nationalsozialisten?“
Zur gleichen Zeit parallelisierte der Zeithistoriker Andreas Hillgruber in seiner Schrift „Zweierlei Untergang“ den Mord an den Juden mit dem Zusammenbruch der Ostfront und mit Flucht und Vertreibung der Deutschen aus dem Osten.
Gegen beide Autoren polemisierte der Philosoph Jürgen Habermas in seiner Schrift „Eine Art Schadensabwicklung“ genau vor 20 Jahren in der Wochenzeitung Die Zeit. Er warnte darin vor der Tendenz, die Nazi-Verbrechen ihrer Singularität zu entkleiden. Zudem kritisierte er den Versuch, Bundeskanzler Kohl folgend, den Deutschen ein einheitliches Geschichtsbild zu verschreiben und damit „Identität zu sichern“.
An dem heftigen, teils polemisch geführten Streit beteiligten sich bis ins Jahr 1987 viele Historiker und Publizisten.
Vor vier Wochen analysierte der Freiburger Historiker Ulrich Herbert die Folgen des Historikerstreits an dieser Stelle.