Umsonst zu teuer

FREIE FAHRT Das belgische Hasselt wurde dadurch berühmt, dass die Busse kostenlos waren. Seit dem neuen Jahr ist es damit vorbei

„60 Cent ist doch immer noch billig, das zahlen die Menschen gerne“

Karolien Mondelaers, Dezernentin

Für die Busfahrer von Hasselt begann 2014 mit vier Wörtern: „Müssen wir jetzt bezahlen?“ Immer wieder hörten sie in den letzten Wochen diese Frage, denn erstmals seit 1997 kosten die Busse in der Hauptstadt der belgischen Provinz Limburg wieder Geld. Die internationale Reputation für Hasselt ist eine Sache, eine andere die klamme Finanzlage der Kommune: Das Vorzeige-Projekt, das sich aus dem normalen Investitions-Budget finanzierte, sei „zu teuer für die Stadt“ gewesen, sagt Maarten De Schepper, Leiter der Abteilung Mobilität im Stadthaus.

Dreieinhalb bis vier Millionen Euro Subventionen hätte es die Kommune gekostet, das Gratis- Modell zu erhalten, sagt De Schepper. Die Stadt hat darum den alten Vertrag mit der Verkehrsgesellschaft De Lijn, die in der ganzen Region Flandern operiert, nicht verlängert. Stattdessen entschied man sich für ein abgespecktes Modell: Jugendliche und Senioren fahren in Hasselt weiter gratis, für alle anderen gibt es Zehnerkarten für sechs Euro. Das Stadthaus bezuschusst dieses Modell mit 1,6 Millionen Euro.

Journalist Dirk Jacobs von der Tageszeitung Het Belang van Limburg verfolgt das Thema seit Jahren. „Der Kostenanteil der Stadt stieg mit der Zeit langsam von rund 1,4 nach 1,9 Millionen Euro“, erklärt er. Die neue Forderung der Verkehrsgesellschaft sei ein zu großer Sprung gewesen. Proteste, so Jacobs, gebe es eigentlich nicht in der Stadt. „Das kann bedeuten, dass ohnehin vor allem Jugendliche und Senioren den Bus nehmen.“

Dessen ungeachtet gilt das Gratis-Modell als großer Erfolg. Im ersten Gratis-Jahr sprang die Zahl der Passagiere von 330.000 auf 1,4 Millionen. Aktuell sind es 4,8 Millionen jährlich, mehr als 14 Mal so viel wie vor den Gratis- Bussen.

Viele Bewohner sind der Meinung von Karolien Mondelaers: „60 Cent ist doch immer noch billig, das zahlen die Menschen gerne“, sagt die Tourismus-Dezernentin von Hasselt. Die Gratis-Busse hätten der Stadt einen einzigartigen Vorteil gebracht. „Was unser Image betrifft, hat uns das sicher keine Windeier gelegt.“ Auswirkungen auf die Fahrgastzahlen sieht sie bislang nicht. Die Busse seien nicht voller oder leerer als vorher.

Es scheint, Hasselt habe sich mit dem Abschied einer Legende angefreundet. „Schade, aber es geht nicht anders“, sagt Mobilitäts-Chef De Schepper. De Lijn-Sprecherin Sonja Loos drückt es so aus: „Dass jeder ohne zu bezahlen in den Bus steigen konnte, war natürlich einfach und angenehm für alle, sowohl für unsere Fahrgäste als auch für unsere Fahrer.“ Aber nichts sei für die Ewigkeit: „Auch nicht die Gratis- Busse in Hasselt.“  TOBIAS MÜLLER