Heute in bremen : Wir stehen zum Öffentlich-Rechtlichen
Im Bürgerhaus Weserterrassen tagt die Initiative „Hörsturz“
taz: Ihre „Interessengemeinschaft für Bremer Radiokultur“ wurde im Herbst 2000 als Reaktion auf die Einsparung von „Radio Bremen Zwei“ gegründet. Wie finden Sie mittlerweile die Nachfolgewelle, das „Nordwestradio“?
Regina Dietzold, „Hörsturz“: Zwei Stufen besser als zu Beginn, aber immer noch nicht sehr berauschend. Besonders störend finden wir die Musikauswahl, die die Gesprächszeiten unterbricht und Zusammenhänge stört.
Was die unvermittelt eingestreuten Klassik-Stücke angeht, ist die Sache klar, das sind meist Vivaldi-Allegro-Alibi-Häppchen. Aber ansonsten ist der Sound doch nicht schlecht?
Es muss ja auch Leute geben, die das mögen. Aber das Ganze hat keine richtige Richtung, weil es aus dem Computer kommt, ohne wirklich ausgewählt zu sein. „Fahrstuhlmusik“, sozusagen.
Und wie finden Sie den Wortanteil?
Es ist ist nicht die alte Qualität, aber teilweise sind sie ja zurückgerudert. Das morgendliche Kulturjournal ist wieder da, ebenso die sehr populären „Sommer-“ beziehungsweise „Wintergäste“. Wir sind mehrfach beim Hörfunk-Ausschuss gewesen und haben da vorgelegt, was alles Hanebüchenes gebracht wurde. Mitten im Afghanistan-Krieg zum Beispiel kam als erste Nachricht, dass irgendeine Prinzessin nicht mehr den Vorsitz der niedersächsischen MS-Stiftung inne hat. Da hat der Ausschuss dann auch die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen.
Viele finden das Nordwestradio immer noch deutlich informativer als alle anderen regionalen Wellen.
Da gebe ich Ihnen ja durchaus Recht. Aber das Ganze nennt sich „Informations- und Kulturradio“, da darf man nicht so einen gesteigerten Wert auf Banalitäten legen. Neulich durfte man sich morgens innerhalb einer Stunde gleich zweimal Wulffs Scheidung anhören. Man merkt übrigens deutlich, was bei Radio Bremen und was beim NDR produziert wurde.
Woran?
An der Qualität, an der Art der Gesprächsführung.
Und was tun Sie konkret montag Abends? Zusammen Radio hören?
Nein, wir tauschen uns aus: Wer hat was gehört, was war gut, was war schlecht – das machen wir, seit es „Hörsturz“ gibt. Wir stehen zum öffentlich-rechtlichen System und wir wollen es unserem Sender nicht so leicht machen, dass wir nur meckern, und das war‘s dann. Wir sind gerade dabei, eine Straßenumfrage durchzuführen und einmal im Jahr machen wir die „Hörsturz“-Nacht mit Künstlern, die im Nordwestradio keine Chance bekommen. Mittlerweile gibt es diverse ähnliche Initiativen auch in anderen Städten, zum Beispiel „Das Ganze Werk“, das sich mit NDR-Kultur befassen. Das ist nämlich auch so ein Häppchen-Sender. Fragen: HB
„Hörsturz“: Immer Montags in den Weserterrassen, 18.30 Uhr