: Feuer im Kaukasus
TERROR Der olympische Fackellauf erreicht Dagestan. Doch eine Parade durch die Straßen ist zu gefährlich
Salagaw Abdulbekowitsch Abdulbekow ist ein kleiner Mann, der einmal sehr stark war. 1972 hat er bei den Olympischen Spielen in München Gold im Freistilringen der Klasse bis 62 Kilo Körpergewicht gewonnen. Er war der erste Olympiasieger aus der heute zu Russland gehörenden Kaukasusrepublik Dagestan. Dort wird er immer noch als Sportheld verehrt. Gestern jubelten ihm einige Hundert handverlesene Zuschauer in Machatschkala, der Hauptstadt der Republik, zu, als er das olympische Feuer durch das Stadion des örtlichen Fußballklubs Anschi getragen hat.
Auf seinem Weg von Moskau nach Sotschi ist das olympische Feuer dieser Tage im wilden Teil des Kaukasus unterwegs. Vor allem die Terrordrohungen von islamistischen Befreiungskriegern aus Dagestan, vor den Spielen wiederholt ausgesprochen, waren es, die die Organisatoren des Fackellaufs dazu veranlasst haben, die Route durchs Stadtzentrum zu streichen. Nachdem sich Terroristen aus Dagestan zu den Anschlägen in der südrussischen Stadt Wolgograd bekannt hatten, bei denen 34 Menschen ums Leben gekommen waren, hatte man sich entschlossen, das olympische Feuer direkt vom Flughafen zum Stadion zu transportieren und die Fackel auf über 60 Stadionrunden kreisen zu lassen. Statt der ursprünglich geplanten 270 Läufer wurden nur 67 auf die Strecke geschickt. Darunter die großen Sporthelden der Kaukasusrepublik – allesamt Ringer wie Salagaw Abdulbekow.
Die nächste Station des olympischen Feuers ist am Dienstag Grosny, die kriegsgebeutelte Hauptstadt Tschetscheniens, die von den russischen Behörden gern als Musterbeispiel für eine befriedete Region angeführt wird. Auf seine Rolle als Fackelträger freut sich ganz besonders Tschetscheniens allgewaltiger und als gewalttätig verschriener Präsident Ramsan Kadyrow. Er hat seine Republik so weit im Griff, dass der Fackellauf mitten durch die Stadt geführt werden kann – über die nach seinem ermordeten Vater und Amtsvorgänger benannte Kadyrow-Allee und die nach seinem Kollegen benannte Putin-Allee.
ANDREAS RÜTTENAUER