: Scheidung europäisch
Brüssel will mit Verordnung Trennung von Ehepartnern regeln, die aus verschiedenen Ländern stammen
BRÜSSEL taz ■ Für Ehefrauen gut verdienender Brüsseler EU-Funktionäre bedeutet der Brief vom belgischen Scheidungsanwalt des Ehemanns oft eine böse Überraschung. Sie müssen sich auf ein quälendes Verfahren nach belgischem Recht einstellen, bei dem das Schuldprinzip gilt und an dessen Ende sie ohne Unterhalt als Sozialfall dastehen können. Ein solches Desaster können sie nur vermeiden, wenn sie Krisenzeichen in ihrer Ehe rechtzeitig erkennen und als Erste die Scheidung einreichen – beim für Auslandsscheidungen zuständigen deutschen Gericht in Berlin.
Die EU-Kommission will nun mit einer neuen Verordnung die Rechtsunsicherheit beenden und den „Selbstbedienungsladen“ schließen, in dem jeder Partner das für sich günstigste nationale Recht auszuwählen versucht. 350.000 länderübergreifende Ehen werden jedes Jahr in der EU geschlossen. 170.000 internationale Paare lassen sich scheiden, was 16 Prozent aller Scheidungen ausmacht. Fünf Millionen Menschen leben außerhalb ihres Heimatlands. Jeder Zweite davon hat im Ausland Besitz erworben.
Künftig sollen Ehepartner bei einvernehmlichen Scheidungen wählen können, ob sie in dem Land vor Gericht gehen, in dem sie zuletzt ihren gemeinsamen Wohnsitz hatten oder in dem Land, dessen Staatsangehörigkeit beide besitzen oder dort, wo sie die längste Zeit gemeinsam gelebt haben. Können sich beide nicht auf einen Gerichtsort einigen, gilt das Recht, zu dem beide Partner die engste Beziehung haben. Die Problematik zeigt die Kommission an einem Fall auf, wo ein polnisches Paar in die Krise gerät, während der Mann auf Auslandsmontage in Finnland ist. Nach geltendem Recht kann er dort die Scheidung einreichen und viel rascher geschieden werden, als es in Polen möglich wäre. Nach der neuen Regelung könnte die Ehefrau eine Scheidung in Polen erwirken.
Die EU-Staaten müssen den Kommissionsvorschlag einstimmig absegnen. Nur für Paare, die in Malta leben, bleibt die Lage weiter kompliziert. Als einziges Land in der EU lässt dieser neue Mitgliedsstaat keine Ehescheidungen zu. Paare aus Malta müssen umziehen, wenn sie sich scheiden lassen wollen.
DANIELA WEINGÄRTNER