: Hochsicherheitstrakt Arbeitsagentur
KONTROLLE Die Kieler Jobcenter wollen Wachen patrouillieren lassen, die nach Drogen und Waffen suchen. Erwerbslose fühlen sich deswegen unter Generalverdacht gestellt
„Durchsetzung des Hausrechts, Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Angriffen, permanente Kontrollgänge, auch in Bezug auf Drogen und Waffen“ – was klingt wie die Tätigkeitsbeschreibung für eine Türsteher-Karriere in den Ecken eines Rotlichtviertels, stammt aus einer Ausschreibung der Jobcenter in Kiel.
Die Behörden, Anlaufstellen für alle Langzeitarbeitslosen, suchen einen Sicherheitsdienst, der „in den Liegenschaften mit persönlicher Präsenz“ für Ruhe und Ordnung sorgt. Der Geschäftsführer der sechs Jobcenter in der Landeshauptstadt, Michael Stremlau, erklärte, der Wachdienst solle Beschäftigten und Arbeitssuchenden „ein Gefühl der Sicherheit“ geben. Doch die Jobcenter-Besucher, im Behörden-Sprech „Kundinnen und Kunden“ genannt, fühlen sich unter Generalverdacht.
„Die Geschäftsführung des Kieler Jobcenter zeigt, dass man den Anspruchsberechtigten immer misstraut und sie potenziell für gefährlich und drogenabhängig hält“, sagt Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen-Forums Deutschland. Die Behörde setze auf das Konzept des „Hochsicherheitstrakts und gestaltet das Jobcenter noch ein Stück menschenunwürdiger“.
Stremlau wie auch die Chefin der Regionaldirektion Nord der Agentur für Arbeit, Margit Haupt-Koopmann, verweisen darauf, dass die Wachleute weniger kontrollieren, sondern vor allem präsent sein sollen: „In der Regel reicht es vollkommen aus, dass jemand in den Eingangsbereichen steht“, sagte Haupt-Kopf. Das Geld für den Sicherheitsdienst sei „gut investiert“.
Hintergrund der Ausschreibung sind Übergriffe und Tätlichkeiten in Arbeitsämtern oder Jobcentern bundesweit – in Kiel gab es laut Stremlau bisher keine derartigen schweren Fälle, sondern eher ein „generelles Empfinden“ der Belegschaft, dass der Umgang mit den KundInnen schwieriger werde. Bald wird sich der Geschäftsführer nicht mehr auf bloße Gefühle verlassen müssen: Zu den Aufgaben des Sicherheitsdienstes gehört auch, alle Vorfälle aufzuzeichnen, „Arbeitsprotokolle“ anzufertigen und den Auftraggeber detailliert zu informieren. EST