: Mein Datum bin ich
SNOWDEN Die NSA-Affäre hat europaweit für Entrüstung gesorgt. In Europa stehen Politik, Bürgerrechtsbewegungen und die Hackerszene vor neuen Fragen. Antworten gibt es – auch auf dem taz.lab
■ Sandro Gaycken, Netzexperte und Wissenschaftler an der Freien Universität zu Berlin
■ Anne Roth, linke Aktivistin und Bloggerin
■ Markus Beckedahl, Betreiber des Blogs netzpolitik.org
■ Constanze Kurz, Informatikerin und Sprecherin des Chaos Computer Club
■ Sebastian Mondial, Datenjournalist, diskutiert mit uns über die Chancen, die sich für den Journalismus der Zukunft aus kryptischen Texten und Excel-Tabellen ergeben – quasi Datenjournalismus at it’s best.
■ Und dann gibt es noch etwas ganz Praktisches: eine schöne Kryptoparty für all jene, die immer noch nicht wissen, wie sie ihre Mails verschlüsseln könnten – so von wegen Bewaffnung und so. MSC
VON MARTIN KAUL
Es ist gar nicht so leicht, den Anfang zu finden. Denn eigentlich ist das ja alles ganz neu zu bedenken. Wer hat die Hardware in der Hand? Und wer verfügt über die Netze? Was sollen diese Behörden alles dürfen? Und wie lassen sich Geheimdienste überhaupt kontrollieren? Was hat der Staat zu garantieren – und wo ist, endlich, auch mal die Emanzipation der User gefragt, wenn persönliche Daten in Zukunft nicht das Gold der Anderen sein sollen?
Die Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden haben europaweit zu einer Verunsicherung geführt, die Parlamente und BürgerrechtlerInnen auch weiterhin beschäftigen werden – und die ebenjene Hacker bestätigt, die zuvor oftmals zu Unrecht als Nerds und Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt wurden. Gegen die neue – subjektive und objektive – digitale Unsicherheit gibt es keine eindimensionalen Rezepte. Und doch rührt diese Unsicherheit an der Kernidee eines Europas, das sich theoretisch gerne auf die Werte der Aufklärung beruft: Der Idee von souveränen BürgerInnen mit ihren konstitutionellen Freiheits-, also Selbstbestimmungsrechten. Braucht es jetzt eine digitale Bewaffnung der Menschen, um gewappnet zu sein für den Cyberwar um die Zukunft? Wie lässt sich in der Welt einer digitalen Entgrenzung die eigene Grenze selbstbestimmt definieren?
Auf dem diesjährigen taz.lab widmen wir uns gleich mit einer Reihe von Veranstaltungen den Fragen, die sich aus dieser Unsicherheit ergeben. Mit der Hardware und der Software von Gesellschaften und ihren Instrumenten – und das mit Gästen, die etwas zu sagen haben.
So wird am 12. April etwa Spiegel-Autor und taz-Mitbegründer Michael Sontheimer gemeinsam mit John Goetz und Andy Müller-Maguhn über die Folgen der NSA-Affäre reden. Goetz hat in einer investigativen Recherche zu den „Geheimen Kriegen“ zuletzt zahlreiche bislang geheime Details über die Arbeit von US-Nachrichtendiensten und -Militär in Deutschland bekannt gemacht. Müller-Maguhn ist ein Urgestein aus den Reihen des Chaos Computer Clubs und Experte in Sachen Kryptografie.
Wir freuen uns ebenfalls, den grünen Europapolitiker Jan Philipp Albrecht zu begrüßen, der im Europäischen Parlament maßgeblich an einer neuen Datenschutz-Grundverordnug mitarbeitet – und erst gerade wieder erleben musste, wie das Bemühen um einheitliche hohe europäische Datenschutzstandards in Europa das ein ums andere Mal neu zu scheitern droht. Mit ihm werden wir darüber diskutieren, welche realen Perspektiven es für europäische BürgerInnen gibt, sich gegen die Massenüberwachung aus den USA zur Wehr zu setzen. Vielmehr aber noch gegen die Massenüberwachung aus den eigenen Reihen – realisiert durch den britischen Geheimdienst GCHQ, der eng verzahnt mit der NSA und anderen Nachrichtendiensten zusammenarbeitet.
■ Martin Kaul, 33, taz-Redakteur für Politik von unten, mitverantwortete 2010 das taz.lab Bildung.