Schüler dürfen träumen

Das Ausmaß an Unterrichtsausfall in NRW kann bis 2008 nicht erfasst werden. SPD wirft CDU falsche Versprechen vor. Für Eltern gibt es Wichtigeres als eine genaue Statistik: „Wir brauchen mehr Lehrer“

VON NATALIE WIESMANN

Die Landesregierung will den Unterrichtsausfall an Schulen nicht detailliert untersuchen. Schulministerin Barbara Sommer (CDU) hatte bei ihrem Antritt eine flächendeckende Statistik über den Unterrichtsausfall in NRW angekündigt. Diese soll jetzt aber frühestens in zwei Jahren erhoben werden. „Große Worte, keine Taten“, sagt die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Ute Schäfer.

Die frühere Schulministerin hatte zu dem Thema eine kleine Anfrage an ihre Nachfolgerin gestellt. In der Antwort von Sommer heißt es jetzt, dass eine „flächendeckende Gesamterhebung zur Situation in der Unterrichtsversorgung“ erst für das Schuljahr 2008/2009 vorgesehen sei: „Bis dahin soll die Statistik wie bisher als Stichprobenuntersuchung erfolgen“, so Sommer. Und das solle nicht wie unter Rot-Grün alle zwei Jahre passieren, sondern jährlich.

Von fünf Millionen wegfallenden Unterrichtsstunden hatten Rüttgers und Sommer im Mai 2005 gesprochen, die es unter ihrer frisch gebildeten schwarz-gelben Regierung zu minimieren gelte – unter anderem durch die Einstellung von 1.000 zusätzlichen LehrerInnen pro Schuljahr. Doch die Zahlen waren über den Daumen gepeilt, sie wurden aus Stichprobenuntersuchungen auf das ganze Land hochgerechnet.

Udo Beckmann, Landesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), wundert sich nicht, dass das Schulministerium noch keine umfassende Statistik erstellt hat: „Es dauert lange, um ein solches System zu installieren.“ Dazu müssten Unmengen von Daten gesammelt werden, Schulen müssten Einzelnachweise führen über jede einzelne ausgefallene Stunde. „Die CDU hat wohl erkannt, dass ihr Vorsatz nicht so schnell umsetzbar ist“, so Beckmann. Wichtiger als eine perfekte Erfassung der ausgefallenen Stunden sei aber die Einstellung von zusätzlichen LehrerInnen zur Bekämpfung von Unterrichtsausfall: „Und die 4.000 Lehrer in dieser Wahlperiode reichen dazu bei Weitem nicht aus.“

Auch für Anette Plümpe, Vorsitzende des Landeselternrats der Gesamtschulen in Nordrhein-Westfalen, ist die Einstellung von mehr LehrerInnen das einzige Mittel gegen den strukturellen Unterrichtsausfall. „Wenn man das Geld statt in ein neues Erfassungssystem in neue Lehrerstellen stecken würde, wären wir schon einen Schritt weiter“, sagt sie. Gerade die Gesamtschulen seien bei der Verteilung der zusätzlichen LehrerInnen sehr schlecht weggekommen. „Das ist bloß eine halbe Stelle mehr pro Schule.“ Manchmal könne Unterrichtsausfall auch sinnvoll sein, so Plümpe: „Zum Beispiel für die Fortbildung von Lehrern und Lehrerinnen“.