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Archiv-Artikel

Kein Bock auf Klimaabkommen

VERHANDLUNGEN Immer noch steckt den Diplomaten ihr Scheitern von Kopenhagen in den Knochen. Bei der wichtigen Konferenz in Bonn traten sie deshalb auf der Stelle

Immerhin: In Bonn wurde gezeigt, wie das Kioto-Protokoll gerettet werden kann

AUS BONN SARAH MESSINA

Die vorletzte Verhandlungsrunde vor der nächsten Weltklimakonferenz im mexikanischen Cancun endete am Freitag ohne Fortschritte. Nach der Verhandlungswoche in Bonn zeigten sich die anwesenden Umweltschützer enttäuscht: Offenbar sei den Klimadiplomaten die Lust am Abkommen schlichtweg abhandengekommen.

Wenigstens Teilerfolge sollen im Dezember auf dem UN-Gipfel in Mexiko verabschiedet werden. Deshalb wurde in Bonn in Einzelgruppen über Themen verhandelt wie „Anpassung an den Klimawandel“, „Finanzierung solcher Maßnahmen“ oder auch „Technologietransfer“ – der Süden befürchtet, als Importeur von Windrädern und Co. in eine neue Form kolonialer Abhängigkeit zu schlittern und will deshalb von den Industrienationen das Know-how zur Herstellung solcher Anlagen bekommen. Knackpunkt ist die Frage, auf welche Weise für all das Geld bereitgestellt wird: Dafür geeignete Quellen sollen in Cancun festgelegt werden.

Immerhin: In Bonn wurde eine Option aufgezeigt, wie das 2012 auslaufende Kioto-Protokoll doch noch gerettet werden kann: In Kopenhagen waren die Staats- und Regierungschefs daran gescheitert, neue Verpflichtungen für eine sogenannte zweite Reduktionsperiode zu beschließen. Ohne einen solchen Beschluss wäre der Kioto-Vertrag mit all seinen Reglementarien und Finanzierungsmechanismen praktisch tot. In Bonn wurde nun diskutiert, ob die erste Verpflichtungsperiode nicht einfach verlängert werden kann – über 2012 hinaus. Aber das ändert natürlich nichts am Grundproblem: Die freiwilligen Reduktionsverpflichtungen, die in Bonn auf dem Tisch lagen, würden der Welt bis 2020 18 Prozent Emissionen gegenüber dem Basisjahr 1990 einsparen. Die Wissenschaft sagt aber, dass dringend 30 bis 40 Prozent Treibhausgase eingespart werden müssen, wenn die Erderwärmung beherrschbar bleiben soll.

Wenig Grund zum Optimismus lieferten auch die USA: Das lange erhoffte Klimagesetz von Barack Obama war im Senat erst kürzlich gescheitert. US-Delegationsleiter Jonathan Pershing gab sich am letzten Verhandlungstag „ernsthaft besorgt, ob in Cancun etwas erreicht werden kann“. Allerdings aus anderen Gründen: Die USA haben vor allem mit der „historischen Verantwortung“ der Industrieländer ein Problem und werden sich ohne Verpflichtungen Chinas auf gleicher Basis kaum bewegen. „Wir sind zutiefst enttäuscht“, hieß es am Freitag von den pazifischen Inselstaaten. Grenadas Botschafterin Dessima Williams: „So wird Cancun scheitern“.