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Archiv-Artikel

Weniger Geld für gleiche Arbeit

Die Gehälter der Angestellten in Deutschland sind 2006 kaum gestiegen, in manchen Branchen sind sie sogar gesunken. Schuld daran sind betriebliche Sonderregelungen

WIESBADEN dpa ■ Die Reallöhne in Deutschland werden 2006 einem Zeitungsbericht zufolge das dritte Jahr in Folge sinken. Das besage eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. „Die Arbeitnehmer müssen in diesem Jahr eine Reallohnentwicklung von minus 0,7 Prozent hinnehmen“, sagte deren Tarifexperte Thorsten Schulten gestern dem Hamburger Abendblatt. Die erwartete Inflation von mehr als 2 Prozent übersteige den Zuwachs der Tariflöhne von durchschnittlich 1,5 Prozent.

„Viele Beschäftigte erhalten noch nicht einmal mehr die ausgehandelten Tariferhöhungen“, sagte Schulten. Um Arbeitsplätze zu sichern oder Produktionsstandorte in Deutschland zu halten, vereinbarten viele Arbeitgeber mit den Beschäftigten betriebliche Sonderregelungen und kürzten dabei zum Beispiel Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. „Oft werden Tariferhöhungen auch mit übertariflichen Leistungen verrechnet, so dass die Mitarbeiter dann keinen Cent zusätzlich in der Tasche haben.“ Angesichts der bevorstehenden Mehrwertsteuererhöhung erwartet Schulten einen weiteren Kaufkraftverlust.

Auch nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden stiegen die Gehälter der Angestellten in Deutschland in diesem Frühjahr so gering wie seit 1995 nicht mehr. Die tariflichen Monatsgehälter lagen im April nur um 0,7 Prozent über dem Vorjahresstand. Damit bewegten sich die Lohnerhöhungen seit dem Tiefstand Mitte 2005 auf unverändert niedrigem Niveau. Da die Verbraucherpreise im April um 2 Prozent über dem Vorjahr lagen, bedeuten die geringen Erhöhungen Reallohnverluste.

In den einzelnen Branchen war die Entwicklung unterschiedlich. Die Angestellten in Bund, Ländern und Gemeinden bekamen keine Tariferhöhungen. Ein Minus von 0,7 Prozent mussten Bauarbeiter hinnehmen. Mehr verdienten dagegen Arbeiter und Angestellte etwa in der Tabakverarbeitung, im Schienenfahrzeugbau, in der chemischen Industrie und im Bekleidungsgewerbe.