Basler Wertekanon an der Spree

INVESTOREN Berliner Immobilien sind beliebte Geldanlagen – und häufig Spekulationsobjekte. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Holzmarkt: Die Schweizer Stiftung Abendrot hat das Gelände erworben und langfristig an die Betreiber des geplanten Kreativquartiers verpachtet. Eine nachhaltige Geldanlage ist ihnen wichtiger als die maximale Rendite

■ Das Rentensystem in der Schweiz ist zweigliedrig. Neben der Grundversorgung durch den Staat gibt es Pensionskassen. Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, zusammen mit den Arbeitnehmern in einer solchen Pensionskasse eine privatbetriebliche Altersvorsorge anzusparen.

■ Die Gesamtrendite der Stiftung Abendrot im Jahr 2012 betrug 6,08 Prozent. Laut Abendrot liege man damit im guten Durchschnitt, den Schweizer Pensionskassen erzielt haben. Die größte Rendite wurde im Anlagesegment Aktien erzielt. Die Maximen für alle Wertanlagen der Stiftung lauten „Gesundheit, Umwelt und Gerechtigkeit“.

■ Ein Stiftungsrat verwaltet das Stiftungsvermögen und legt den Kurs der Stiftung Abendrot fest. Der Rat wird von der Delegiertenversammlung gewählt. Diese Versammlung mit Abgeordneten aus allen angeschlossenen Betrieben tagt einmal jährlich. Sie muss die vom Stiftungsrat getroffenen Entscheidungen genehmigen.

■ Das Anfangskapital betrug 1.000 Franken, heißt es in der Stiftungsurkunde von Oktober 1984. Das Wachstum begründet sich auch durch die Übernahme kleinerer Vorsorgeanbieter.

AUS BASEL LENA MÜSSIGMANN

Auf einem alten Industrieareal in einem südlichen Stadtviertel von Basel scheint die Sonne durch meterhohe Fenster einer Fabrikhalle. Drinnen sitzen hungrige Schweizer an wenigen Tischen. In einer Ecke des riesigen Raumes hat Hans-Ulrich Stauffer, Typ verschmitzter Schnurrbartträger, Platz genommen. Neben ihm sitzt Eva Zumbrunn, eine zart wirkende Frau mit Kurzhaarschnitt. „Evi“, wie Stauffer sie ruft.

Evi und Stauffer haben in der Schweiz vor fast 30 Jahren die Stiftung Abendrot gegründet, eine Pensionskasse. Sie erhalten Geld von Arbeitgebern und ihren Angestellten, denen sie in ein paar Jahrzehnten eine privatbetriebliche Zusatzrente auszahlen werden. Das Ziel von Abendrot ist die Vermehrung von Geld. Das Besondere daran: Zumbrunn und Stauffer, die beiden Geschäftsführer, achten auch darauf, wie es vermehrt wird. Unter den drei Schlagworten Gesundheit, Umwelt und Gerechtigkeit hat sich die Stiftung auferlegt, nicht in Atomkraft und Rüstungsindustrie zu investieren.

Eva Zumbrunn und Hans-Ulrich Stauffer kennen sich seit der Oberstufe im Gymnasium. Sie verbindet ein tiefes geschäftliches und persönliches Vertrauen. Das ist die Basis beim Führen des milliardenschweren Rentenversicherers – knapp 1,1 Milliarden Franken betrug die Bilanzsumme 2012. Die Stiftung legt einen Teil des eingezahlten Versicherungsgeldes klassisch in Aktien und Schuldverschreibungen an, außerdem investiert sie in Immobilien. Die Rendite kommt später den Versicherten und ihrer Rente zugute.

Einer der letzten Coups von Stauffer und Zumbrunn war 2012 der Erwerb des früheren Bar25-Geländes am Berliner Spreeufer. Statt das Gelände zum höchstmöglichen Preis zu vermieten, haben sich die Basler die Pläne der Holzmarkt plus eG für ein kreatives Viertel angehört. Sie waren zu Besuch im Kater Holzig, dem Club der Holzmarkt-Initiatoren und früheren Betreiber der Bar25 – und waren begeistert. „Die Macher sind mit ihren Ideen so erfrischend, enorm kreativ, aber auch professionell“, sagt Eva Zumbrunn, „Chapeau!“

Abendrot hat mit der Holzmarkt plus eG einen Pachtvertrag geschlossen, Laufzeit: 75 Jahre. Die Holzmarktmacher können langfristig planen und Abendrot hat eine dauerhafte Einnahmequelle. Aber welchen finanziellen Anreiz hat Abendrot, in dieses Projekt zu investieren? Die Holzmarkt plus eG, das sind ein paar Berliner, die bisher erfolgreiche Clubbetreiber waren. Warum verhalten sich Stauffer und Zumbrunn nicht wie andere Investoren, die gefragte Flächen bebauen und zu kräftigen Preisen vermieten?

Das umgenutzte Industrieareal in Basel, das Stauffer zum Mittagessen ausgesucht hat, gibt Antworten, es öffnet die Tür zu einer Philosophie vom nachhaltigen Wirtschaften. Grund und Boden gehören auch hier, auf dem Gundeldinger Feld, der Stiftung Abendrot. 90 Unternehmen sind in den alten Hallen untergekommen: In der Fertigungshalle das Restaurant, weiter hinten im Hof eine Zirkusschule, eine Bibliothek, eine Kletterhalle und eine kleine Brauerei, die Stauffer mitgegründet hat. Er grüßt überall kurz und freut sich. „Es sind glückliche Momente, an so ein großes Objekt ranzukommen“, sagt er und setzt seine Kangol-Schiebermütze auf, mit Schild nach vorn.

Stauffer sagt, er will Freiräume schaffen, geistige und räumliche, in Innenstädten, die immer weiter zubetoniert werden. Dafür kauft seine Stiftung Gelände, die sie – nach Prüfung aller Gremien – geeigneten Betreibergesellschaften zur Verfügung stellt. Stauffer verlangt einen Pachtzins, eine Vergütung für die verpachtete Fläche, die einem ungenannten Prozentsatz des Kaufpreises entspricht – in Basel genauso wie am Holzmarkt. „Wenn ich einen ausreichenden Zinssatz für das Investment erreiche, warum soll ich es dann nicht machen?“ Er vergibt auch das Baurecht für das Gelände. Wie viel Geld am Spreeufer geflossen ist, bleibt geheim: „Darüber ist Stillschweigen vereinbart“, sagt Stauffer. Nachfragen zwecklos.

Der Holzmarkt ist für Stauffer zweierlei: eine Herzensangelegenheit und ein lohnendes Geschäft. „Wir sind keine Mäzene, das muss sich schon rechnen“, sagt der herzliche Mann mit unerwarteter Schärfe. „Wir sind im Geschäft äußerst konservativ. Das ist ja nicht unser Geld, mit dem wir arbeiten.“ Stauffer hantiert mit den Einlagen der Versicherten. Was, wenn das Projekt am Holzmarkt floppt? Stauffer zuckt die Schultern und grinst wieder. In manchen Momenten sieht er in seinem roten Pullover aus wie ein lustiger Weihnachtsmann. „Wir können nichts verlieren“, sagt er. Die Fläche – oder die Liegenschaft, wie der Schweizer ebenso sagt wie der Berliner Finanzsenator – gehörte immer noch der Stiftung. „Für mich ist das ein kalkuliertes Risiko.“

Sinnstiftendes Projekt

Den Machern in Berlin fühlt sich der 62-Jährige nah. „Was die da machen, ist ein bisschen die Realisierung dessen, was ich in jungen Jahren politisch angestrebt habe.“ Es geht um Entwicklungsräume für eine alternative Szene, um Orte, an denen man Freiheit ausleben kann, „um ein sinnstiftendes Projekt“, sagt Stauffer. Und er traut seinen Partnern das riesige Projekt zu. „Ich merke, dass die enorm Power haben.“

Für die Macher des Holzmarkts ist Stauffer schon „der Hans-Üeli“, mit schweizerischem Zungenschlag. „In seinen Augen ist ein jugendliches Herz zu sehen. Er versteht unsere Sprache und unser Ansinnen“, sagt Juval Dieziger, Vorstand der Holzmarkt eG. Kein anderer Investor sei zu langfristigen Verträgen bereit gewesen. „Wir können über mein Leben hinaus hier Kulturbetrieb etablieren“, sagt Dieziger.

Die Holzmarkt plus eG hat die vertragliche Option, das Gelände jederzeit zu einem festgesetzten Preis zu kaufen. Dieziger sagt: „Das Grundstück ist für immer der Spekulation entzogen.“ Das empfindet er als Erfolg, genau so wie Stauffer.

Einmal den großen Wurf wagen. Darin hat Stauffer die Berliner unterstützt. Mit Mut und Idealismus begann auch die Geschichte von Abendrot. In den 80er Jahren war Stauffer gerade dabei, sich als junger Anwalt ein eigenes Büro aufzubauen. „Wir mussten unsere Leute versichern, aber wo?“ Die Einzahlung in eine Pensionskasse ist in der Schweiz für Arbeitgeber Pflicht (siehe Kasten). Auch andere Jung-Unternehmer aus dem Bekanntenkreis hätten ihn damals gefragt, wo man die Pension für die Angestellten am besten anspare. „Bei einer Bank? Das war nicht sexy“, sagt Eva Zumbrunn, schon damals Stauffers Büropartnerin. „Die etablierten Pensionskassen hätten unser Geld unter anderem in Atomkraft investiert. Dabei hatten wir uns kurz zuvor auf Anti-Atom-Demos den Arsch abgefroren!“, sagt Stauffer. Eine Alternative musste her.

Aus Mangel an ökologisch sauberen Möglichkeiten blieb nur eines: die Gründung einer eigenen Pensionskasse. Heute scheint sich der 62-Jährige über seinen Mut von damals zu wundern. „Wir konnten nichts geben als blaue Augen.“ Eva Zumbrunn beugt sich zu ihm herüber. „Und die sind noch nicht mal blau“, sagt sie. Beide lachen. „Wir sind mit 82 mutigen Personen gestartet. Das waren alles Überzeugungstäter“, erzählt die 61-Jährige. Nach 16 Monaten knackte die eingezahlte Summe die Eine-Million-Franken-Grenze. „Das haben wir mir Schampus begossen“, sagt Zumbrunn. „Würden wir das weiter bei jeder Million machen, dann wären wir heute dauerbesoffen.“

■ Mehrere Meldungen über den Umgang mit Geld haben zuletzt die hiesigen Schlagzeilen bestimmt. Unklar ist, welche Auswirkungen die Fälle haben werden.

■ BVG: Im Jahr 2007 spekulierten die Verkehrsbetriebe an den Finanzmärkten und hofften auf einen Millionengewinn. Die Verantwortlichen, darunter der damalige Finanzsenator und BVG-Aufsichtsratschef Thilo Sarrazin, hatten von den Vertragsinhalten nichts verstanden. Rund 150 Millionen Euro haben die Verkehrsbetriebe als Verlust aus dem riskanten Spekulationsgeschäft verbuchen müssen. Sie klagen derzeit in London gegen die Zahlung.

■ Hertha BSC: Der Bundesliga-Aufsteiger leistet Pionierarbeit: Als erster deutscher Profiklub verkaufte Hertha vor einer Woche Anteile an den US-Finanzinvestor KKR, der insgesamt über 60 Millionen Euro überwies. Der Haken: Frühere Beteiligungen presste KKR zwecks Rendite gnadenlos aus.

■ Schmitz: Der allseits anerkannte Kulturstaatssekretär André Schmitz hat Steuern hinterzogen. Strafrechtlich ist die Sache längst behoben, weshalb der Regierende Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit ihn im Amt behielt. Als der Fall nun bekannt wurde, trat Schmitz zurück. (tla)

Die Stiftung Abendrot hat heute 24 Mitarbeiter, rund 11.000 Versicherte und verwaltet ein Vermögen von über einer Milliarde Franken. Nur 60 von 2.300 Schweizer Pensionskassen spielen in dieser Liga. „Das checken wir noch nicht ganz“, sagt Stauffer. „Wir haben vielfach noch immer eine Froschperspektive.“

Diese Perspektive beinhaltet auch die kritische Einstellung zum Geld und dem kapitalistischen System. Aber darf das einer sagen, der mit Millionen jongliert? Eigentlich ist er längst vom Frosch zum Prinzen des Kapitalismus geworden. Stauffer ist kein Fundi mehr, wie damals in seinen wilden Jahren.

Die Stiftung Abendrot erzielte 2012 eine Gesamtrendite von 6,08 Prozent. Der größte Anteil entfällt dabei auf Aktien, mit Immobilien wird hingegen eher wenig verdient. Trotzdem ist die investierte Summe in Immobilien mit 271 Millionen Franken fast dreimal so hoch wie der in Schweizer Aktien investierte Betrag. Zwar wirkt die Gesamtrendite von etwas über 6 Prozent auf den ersten Blick recht hoch, sie liegt laut Branchenkennern aber im Durchschnitt dessen, was Schweizer Pensionskassen erwirtschaften. Nachhaltige Fonds überstiegen demnach in ihrer Rendite sogar herkömmliche Anlagen. Abendrots alternative Strategie habe somit positiven Einfluss auf das Vermögen der Pensionskasse. Außerdem wird die Transparenz bei der Stiftung Abendrot gelobt. Der größere Anteil der Abendrot-Rendite bleibt als Wertschwankungsreserve und zur Erhöhung des Deckungsgrads in der Kasse.

Hans-Ulrich Stauffer sitzt an seinem Schreibtisch, der mitten im Raum steht, schlichte Bauhausarchitektur mit einer großen Fensterfront gegenüber der Tür, und lehnt sich im Chefsessel zurück. „So wie wir uns das früher vorgestellt haben, dass man das System abschaffen muss – vergessen Sie’s“, sagt er. Mit der Pensionskasse Abendrot ist er Teil des Systems geworden, das er einst so verabscheut hat. Damals, als er Teil der Studentenbewegung wurde und Rudi Dutschke bewunderte, dessen Idee vom „Marsch durch die Institutionen“ auch in die Schweiz schwappte.

Damals reiste Stauffer, aufgewachsen im Basler Umland, nach Heidelberg, wo sein Vater geboren wurde, und häufiger nach Berlin. „Das waren Destinationen! Die hatten einen Nimbus für mich“, sagt Stauffer. Damals hat er im Rotbuchverlag das Buch „Die Revolution der Verdammten. Der Befreiungskampf in Guinea-Bissao“ herausgegeben. Heute schreibt er immer mal wieder eine neue Auflage seines Lehrbuchs zur „zweiten Säule“ der Altersvorsorge, den Pensionskassen. Dieses Buch ist zum Standardwerk in der Schweiz geworden. Seit 2000 hat er einen Lehrauftrag zur beruflichen Vorsorge an der Uni Basel. In seinem Bücherregal im Büro steht der blaue Wälzer neben Reiseliteratur. „Namibia fürs Handgepäck“ oder „Reise auf die Kapverden“, beides in den vergangenen Jahren herausgegeben von Hans-Ulrich Stauffer. Heute, wo die Berlinreisen zum Geschäft geworden sind, findet er sein Abenteuer in Afrika. „Ich klink mich dann einfach mal aus für vier Wochen“, sagt er.

Das Geld soll arbeiten

Wo steht Stauffer heute? Zwar hat die Stiftung einen nachhaltigen Wertekanon, will bei jeder Anlage gesellschaftliche und ökologische Kriterien prüfen. „Aber sind wir deshalb bessere Systemverwalter als all die anderen?“ Das Thema beschäftigt Stauffer.

Er will reformerisch tätig sein, sagt er; sein Geld für seine Vision einer lebenswerten Welt einsetzen. Geld ist erst dann Geld, wenn es arbeitet. In der Sparbüchse oder ausgegeben für Statussymbole und Lebensstandard, bewirkt es nichts.

„Wir haben uns nicht kaufen lassen und sind widerspenstig geblieben. Auch deshalb unterstützen wir ein widerborstiges Projekt in Berlin“, sagt er.

Doch Stauffers Projekte stoßen nicht überall auf Gegenliebe. Anfang vergangenen Jahres eskalierte ein Streit mit Besetzern eines Geländes, das Abendrot gekauft hatte. Sie warfen ihr laut Medienberichten vor, „unnötigerweise einen einmaligen und für die Stadt Zürich und die Schweiz extrem wichtigen Freiraum zu zerstören“. Sympathisanten sprühten den Spruch „Architekten sind Mörder“ an ein Gebäude der Stiftung Abendrot. Auch aus den Reihen der Versicherten gab es Kritik daran, dass die Stiftung alternative Lebensräume verdränge. Stauffer hielt in der Basler Zeitung dagegen: „Die Vorstellung, ein Grundstück sei gratis zu haben, ist im Jahr 2013 absurd.“ Freiräume müssten finanziell abgesichert sein. Letztlich zogen die Besetzer weiter auf ein anderes Areal, eine Räumung war nicht nötig.

■ Eines der ersten Berliner Stiftungsprojekte war ExRotaprint im Wedding. 2007 war es den Mietern auf dem ehemaligen Druckereigelände gelungen, ein Bieterverfahren durch den Liegenschaftsfonds abzuwenden. Dann kauften die Stiftungen Trias und die Schweizer Edith Maryon das 10.000 Quadratmeter große Gelände – und vergaben es an die gemeinnützige GmbH ExRotaprint in Erbpacht. Auch das Kulturprojekt Schokoladen wurde von den Schweizern gerettet.

■ Neben dem Holzmarkt erwarb die Basler Pensionskasse Abendrot zudem das Kulturwirtschaftliche Zentrum Christiania. Seit 2007 haben Kreative in diesem ehemaligen Umspannwerk in der Osloer Straße ein neues Zuhause gefunden. Der Mietvertrag läuft zehn Jahre. (wera)

Die Stiftung Abendrot investiert gerne in Immobilien und Grundstücke – wegen ihrer derzeit geringen Schwankungsrisiken und der konstanten Rendite, die sie abwerfen, erklärt Stauffer. Doch in der Schweiz wird der Platz knapp.

Die Immobilienpreise haben astronomische Höhen erreicht. „Deshalb war uns eine Beimischung ausländischer Immobilien wichtig“, sagt Stauffer. Berlin Calling!

Schon vor ein paar Jahren wurde gegenüber des Holzmarkts ein Investor für etliche neue Wohnhäuser gesucht. Stauffer hätte damals gerne investiert. „Wir haben aber gemerkt: Wir verstehen die deutsche Gesetzgebung nicht immer.“ Also hat er sich zurückgezogen und ein Expertenteam gegründet, das die Investitionen in Deutschland vorbereitet. 2012 hat er mit einer deutschen Tochtergesellschaft ein altes Umspannwerk an der Osloer Straße im Wedding gekauft. Für zehn Jahre ist dort das Kulturwirtschaftliche Zentrum Christiania unter Vertrag, das Künstlern, Freiberuflern und Start-ups Räume zu kleinen Mieten anbietet. Wenige Monate später folgte der Holzmarkt. 2013 hat sich Abendrot in Grenzach-Whylen nahe der Schweizer Grenze ein Gelände gesichert, auf dem bald eine Solar-Wohnsiedlung entstehen soll. Deutschland ist bisher das einzige Ausland, in dem Abendrot investiert.

„Viel einfacher wären 08/15-Wertanlagen gewesen“, sagt Stauffer. Das hätte ihn und die Stiftung weniger Arbeit gekostet. Stauffer hat intensiv aber gerne mit den Berlinern vom Holzmarkt verhandelt, bis das Vertragskonstrukt für die nächsten 75 Jahre stand. „Das ist für mich das Salz in der Suppe“, sagt er über die vielen Treffen mit den Holzmarkt-Machern, bei denen sie an ihrer gemeinsamen Vision von innerstädtischen Freiräumen getüftelt haben. Jetzt kann der Holzmarkt konkret werden, und Stauffer kann sich zurückziehen. Juval Dieziger sagt: „Hans-Uli wünscht sich, dass wir uns jetzt nicht mehr so oft sehen, außer zu festlichen Anlässen auf dem gedeihenden Gelände.“ Stauffer habe gegenüber der Stadt Berlin viel Verantwortung für den Plan der Holzmarkt plus eG mitgetragen.

Stauffer hat sich vorerst einen Investitionsstopp für Deutschland verhängt. Die Investitionen hätten viel Kraft gekostet und sehr hohe Kosten verursacht. „Wir müssen erstmal konsolidieren“, sagt Stauffer im Finanzwelt-Jargon. Wenn die Zwangspause für Deutschland-Deals im Frühling abgelaufen ist, wird sich Stauffer wieder ein neues Projekt statt einer 08/15-Wertanlage suchen, an dem er Raum für gutes Leben schaffen kann.

Gutes Leben vor dem Tod. Mit dem hat die Stiftung nämlich gar nichts zu tun. Auch wenn ihr Name andere Assoziationen weckt.