ERWIN SELLERING, MINISTERPRÄSIDENT IM STIMMUNGSTIEF : Der, der das Volk fragt
■ kam aus dem Westen als Richter nach Mecklenburg-Vorpommern. Seit zehn Jahren gehört er dem Kabinett an. Foto: dpa
Nachdem die FDP in Bayern den Ministerpräsidenten erfolgreich unter Druck gesetzt hat, versucht sie es in Mecklenburg-Vorpommern auch. Erwin Sellering (SPD) hatte Ende 2008, kurz nachdem er Regierungschef geworden war, das Volk zur Lage des Landes befragen lassen. Ein Fünftel der Fragen galt ihm selbst, seinem Bekanntheitsgrad (immerhin 84 Prozent) und seinem Image: 53 Prozent trauten ihm zu, „ein starker Ministerpräsident zu werden“. FDP-Landeschef Christian Ahrendt hat den Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) gebeten, zu prüfen, ob damit eine illegale Parteienfinanzierung vorliege.
Vor zwei Jahren war die Umfrage in Schwerin nur auf milde Kritik gestoßen. Und der Fall in Bayern wiegt viel schwerer: Dort hatte sich die CSU mit Steuergeld raten lassen, wie sie die anderen Parteien bekämpfen könnte.
Für Sellering ist der Vorwurf dennoch ärgerlich, denn er tut sich ohnehin schon schwer: Seine SPD hat bei der Bundestagswahl 2009 eine Halbierung ihres Stimmenanteils erleben müssen. In Umfragen liegt sie hinter der CDU, was Sellering bei einer Neuauflage von Schwarz-Rot das Amt kosten würde.
Aus der Fraktion gab es auch ein Warnsignal. Sellerings Vorschlag für den Vizepräsidenten des Rechnungshofes setzte sich erst im zweiten Wahlgang durch. Angeblich gehörten die Abweichler der SPD-Fraktion an. Als Erfolg kann Sellering dagegen verbuchen, dass der Landtag im Juli endlich die umkämpfte Kreisreform beschlossen hat.
Im Frühjahr hat er angekündigt, dass er gerne noch einmal Ministerpräsident werden würde. Dabei wird ihm helfen, dass er kein Problem mit den Erben der SED hat: der Linken. Der erste Westdeutsche im Amt des Regierungschefs hatte im März 2009 Aufsehen erregt, als er sich dagegen verwahrte, „die DDR als totalen Unrechtsstaat zu verdammen, in dem es nicht das kleinste bisschen Gutes gab“.
In Nordrhein-Westfalen geboren, ist Sellering 1994 als vorsitzender Richter ans Verwaltungsgericht Greifswald gewechselt. Seit dem Jahr 2000 gehört er dem Kabinett an. Gewinnt er die Landtagswahl im kommenden Jahr, könnte er bis zur Rente Regierungschef bleiben. KNÖ