: Atomgegner bei Wahl in der Region Tokio klar unterlegen
JAPAN Kandidat von Regierungschef Abe erhält mehr Stimmen als alle Atomgegner zusammen
AUS TOKIO MARTIN FRITZ
Japans Regierungschef Shinzo Abe hat sichtbar aufgeatmet, als bekannt wurde, dass sein Kandidat Yoichi Masuzoe mit großem Abstand zum neuen Gouverneur von Tokio gewählt wurde. Denn die Strategie seines Gegenkandidaten Morihiro Hosokawa, die Wahl zu einem Referendum über Atomkraft zu machen, war nicht aufgegangen. Trotz kräftiger Unterstützung des populären Exregierungschefs Junichiro Koizumi wurde Hosokawa nur Dritter. Das Lager der AKW-Gegner erhielt zusammen weniger Stimmen als der siegreiche Masuzoe.
Hosokawa und Koizumi hatten die Wähler falsch eingeschätzt. In Umfragen spricht sich zwar eine Mehrheit für den Atomausstieg aus. Aber die Energiepolitik zählt nicht zu ihren Prioritäten. Den Tokioter Wählern lagen Kindergärten, Altenheime und Olympische Spiele näher am Herzen. Zudem konnte Masuzoe die AKW-Gegner durch das Versprechen ausbremsen, den Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien von derzeit 6 Prozent zu erhöhen. Auch die niedrige Wahlbeteiligung wegen schlechten Wetters begünstigte den Exgesundheitsminister.
Trotz der Niederlage wollen Koizumi und Hosokawa ihren Kreuzzug nicht aufgeben. „Ich werde mich für einen Staat mit null Atomkraft anstrengen“, erklärte der 72-Jährige, der sich nach der Katastrophe von Fukushima in Sachen Atom vom Saulus zum Paulus gewandelt hat.
Freilich dürfte sich die konservative Abe-Regierung nun ermutigt fühlen, den Neustart der 48 abgeschalteten Reaktoren voranzutreiben. Im neuen Energieplan, dessen Verabschiedung auf die Zeit nach der Tokioter Wahl verschoben wurde, will man die Atomenergie voraussichtlich als wichtige und grundlegende Energiequelle definieren. Nach Angaben von Industrieminister Toshimitsu Motegi erwägt die Regierung auch, dass drei bereits begonnene AKW-Bauprojekte vollendet werden dürfen. Doch in der Praxis warten noch einige Hindernisse für die ersten Neustarts. Die Sicherheitsüberprüfungen von 16 Reaktoren, die von den Stromkonzernen seit dem vergangenen Sommer beantragt wurden, ziehen sich in die Länge. Die neue Atomaufsichtsbehörde hat für diese Aufgabe nur 90 Mitarbeiter. Außer der Regierung müssen noch die lokalen Behörden einem Neustart zustimmen.