: Die Bahn bekommt den Bahnhof fast geschenkt
SUBVENTIONEN Mit versteckten Zahlungen hat die Politik die Zustimmung des Unternehmens erkauft
BERLIN taz | Für ihre neuen Gleisanlagen in Stuttgart zahlt die Deutsche Bahn AG wesentlich weniger Geld als offiziell angegeben. Nach amtlicher Lesart steckt das Unternehmen Eigenmittel von knapp 1,5 Milliarden Euro in das Projekt „Stuttgart 21“, das 4,1 Milliarden Euro kosten soll. Stück für Stück mussten die Verantwortlichen in Land und Stadt aber einräumen, dass sie der Bahn die Zustimmung zu dem Projekt durch eine Reihe von Quersubventionen erleichtert haben.
Bereits 2001 kaufte die Stadt Stuttgart der Bahn für 459 Millionen Euro Flächen ab, die frei werden, wenn der unterirdische Bahnhof gebaut wird. Doch eigentlich hätte das Gelände der Bahn gar nicht gehören dürfen. Bahnareale, die für den Zugbetrieb nicht mehr nötig waren, gingen 1996 an den Bund – um die Altschulden der Bahn zu begleichen. In Stuttgart hat man die Flächen ohne weitere Prüfung bereits 1994 der neu gegründeten DB AG überlassen.
Nach ursprünglichen Plänen hätten die Grundstücke schon 2010 für die Stadt nutzbar sein müssen. Inzwischen ist klar, dass daraus vor 2020 nichts wird. Für den Zeitraum verzichtet die Stadt Stuttgart auf 212 Millionen Euro Zinsen von der Bahn. Sie kann die Anlagegewinne selbst einstreichen. Insider berichten, die Bahn könne das Geld auf bis zu 900 Millionen Euro mehren.
Dazu kommen Zahlungen wie aus dem Jahr 2008. Damals überwies die Flughafen Stuttgart GmbH der Bahn ohne konkrete Gegenleistung 112 Millionen Euro, „zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit“ von „Stuttgart 21“. Eigner der Flughafen GmbH sind Land und Stadt. Im Jahr 2001 bestellte das Land zudem für zehn Jahre Zugkilometer für den Regionalverkehr, die in der Größenordnung gar nicht nötig waren. Das Geld wurde zumindest teilweise für „S 21“ abgezweigt.
Außerdem erhöht die Bahn nach Neubauten von Strecken regelmäßig die Gebühren, die ein Bundesland für den Nahverkehr bezahlen muss. Wie hoch der Betrag bei „Stuttgart 21“ ausfallen wird, ist noch nicht klar. Sicher ist, dass sich die Bahn auf diesem Weg einen weiteren Teil ihrer Investitionen zurückholen könnte. Wie viel die Bahn unter dem Strich für „S 21“ zahlt, ist nicht genau bekannt. Von den behaupteten fast 1,5 Milliarden Euro bleibt jedenfalls nicht mehr viel. Die Bundesregierung gab auf Anfrage der Grünen bekannt, sie müsse „Stuttgart 21“ keiner Kosten-Nutzen-Analyse unterziehen. Es sei ein eigenwirtschaftliches Projekt der DB AG. INGO ARZT