CDU-Generalsekretär fordert: Kinder haften für arbeitslose Eltern : Nicht im Sinne der Hartz-IV-Reform
Nein, ganz so ist es nicht. Von einem „Rückfall in die Vor-Bismarck’sche Zeit“ sprach der Juso Chef – und meinte den Vorschlag von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, dass Kinder künftig für ihre arbeitslosen Eltern aufkommen sollen. Der aufstrebende Jungsozialist hätte lieber von einem „Rückfall in die Vor-Hartz-IV-Zeit“ reden sollen. Denn für Empfänger von Sozialhilfe musste zahlungsfähiger Nachwuchs schon immer aufkommen.
Das Missverständnis ist typisch für die verquere Debatte über Hartz IV, die fast ausschließlich von den Abstiegsängsten der Mittelschichten geprägt war. Dass die Reform für die sozial Ausgegrenzten, die zuvor Sozialhilfe bekamen, tatsächlich handfeste Vorteile brachte – dieser Aspekt ging völlig unter, denn diese Gruppe hatte keine Stimme in der Öffentlichkeit.
Inzwischen hat sich die allzu pauschale Kritik an Hartz IV als Bumerang erwiesen. Weil die Öffentlichkeit die Arbeitsmarktreform für ein reines Sparprogramm hält, fällt es Politikern leicht, mit täglich rabiateren Kürzungsvorschlägen hervorzutreten. Aber die Ausgrenzung von „Sozialfällen“ sollte es nicht mehr geben, das war der fortschrittliche Aspekt von Hartz IV. Deshalb wurde die Reform auch teurer, als es sich die Haushälter zurechtgebogen hatten. Das war kein Skandal, sondern politisch gewollt.
Die Rückkehr zum alten Armenrecht, wie Pofalla sie propagiert, ist deshalb der falsche Weg. Schon die Wiedereinführung der elterlichen Unterhaltspflicht für arbeitslose Jugendliche war ein Fehler.
Stattdessen sollte die große Koalition lieber den längst verschütteten, eigentlich positiven Grundgedanken der Hartz-Reform aufgreifen – indem sie etwa ein Bürgergeld einführt, das auch andere Leistungen wie Rente oder Kindergeld einschließt und bürokratische Kontrolle weitgehend überflüssig macht. Das wäre dann wirklich eine Reform von Bismarck’schem Format. RALPH BOLLMANN