DAS DING, DAS KOMMT
: Skandal im Museum

MAX & MORITZ Das Wilhelm-Busch-Museum Hannover klittert die Geschichte seines Allerheiligsten

Der Larifari-Umgang mit der Comic-Kunst spiegelt sich auch im nationalistischen Prinzip der Schau

Nein, das gelingt wirklich nur den wenigsten Museen: Eine Ausstellung zu veranstalten, die sich bereits im Titel als skandalös misslungen erweist – weil aus ihm eine himmelschreiende Achtlosigkeit gegenüber dem Allerheiligsten des Sammlungsgegenstandes spricht.

Der Sammlungsgegenstand des Wilhelm-Busch-Museums Hannover sind allgemein Karikaturen und das Herzstück ist das Oeuvre des Namensgebers, und dessen Hauptreliquie ist fraglos das Original der Bildergeschichte von „Max und Moritz“ – eines der wenigen wirklich wichtigen Stücke, das vor 1933 in die noch nie provenzienzerforschte Sammlung kam. Am Sonntag eröffnet nun das sehr Deutsche Museum für Karikatur und Zeichenkunst in Hannover die Ausstellung „Streich auf Streich“, die „deutschsprachige Comics von Wilhelm Busch bis heute“ zeigt und vorgibt, „150 Jahre Max und Moritz“ zum Anlass zu haben.

Das ist ein Skandal. Denn damit spiegelt das Museum falsche Tatsachen in Bezug auf seine wertvollste Reliquie vor: Veröffentlicht worden sind Max und Moritz im April 1865, vor 149 Jahren. Begonnen mit der Arbeit daran hatte er im Herbst 1863, die meisten der Zeichnungen sind noch im Dezember fertiggestellt, also vor 151 Jahren. Und die Textarbeit beendet Busch zwar 1864 – aber erst im August. Da wird die Ausstellung bereits seit vier Monaten vorbei sein.

Dass es sich bei „Max und Moritz“ gleichsam um eines der frühesten Beispiele der Kunstform Comic handelt, die, andernorts längst kanonisiert, in Deutschland noch immer um Anerkennung ringt, macht diesen Larifari-Umgang mit ihr nur umso unentschuldbarer. Er spiegelt sich auch im Gesamtkonzept der nach veraltetem, nationalistischem Prinzip kuratierten Schau, die nicht einmal davor zurückschreckt, Donald Duck zu germanisieren – um die angebliche „internationale Vernetzung des deutschen Comics“ zu präsentieren. Ein Museum „erfüllt als Ort lebenslangen Lernens einen Bildungsauftrag“, heißt es in den Standards des deutschen Museumsbundes. Dem lässt sich mit Geschichtsklitterung nicht gerecht werden: „Die Informationen“, legt der Kodex fest, „beruhen auf neuen Erkenntnissen.“ Erkenntnissen! Und das meint nicht – Marketingbedürfnisse.

BENNO SCHIRRMEISTER

■  „Streich auf Streich – 150 Jahre Max und Moritz“: ab So, 16. Februar, Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst, Georgengarten, Hannover