CHRISTIAN BUSSIS BACKDER WOCHENENDKRIMI : Perversling & Taucherglocke
Oh, diese Stille: In einer Taucherglocke am Boden des Rheins geht ein Serienkiller seiner kranken Leidenschaft nach und führt in Plastikfolie gewickelte junge Frauen dem Tode zu, während im CD-Player Brahms’ „Deutsches Requiem“ läuft. Und weil in diesem Jubiläums-„Tatort“, der 50. Episode mit Lena Odenthal (Ulrike Folkerts), der Wille zum Stil alles ist, der Plot aber nichts, darf man ruhig verraten, dass die Ludwigshafener Kommissarin am Ende selbst auf dem Seziertisch liegt. Ihre Ähnlichkeit mit der Mutter des Psychos bringt sie in diese fatale Lage.
Nein, originell ist die aus vielen Klassikern zusammengestückelte Geschichte (Buch: Jürgen Werner) nicht; Norman Bates aus „Psycho“ und Hannibal Lecter aus dem „Schweigen der Lämmer“ grüßen zuweilen ein wenig aufdringlich in diesem Psychostück um einen ödipal getriebenen, bildungsbürgerlich auftrumpfenden und meisterhaft manipulierenden Mörder.
Doch die liebevolle Inszenierung von Regisseur Lars Montag lässt in freudiger Erregung so manches Klischee ertragen. Montag hatte zuvor schon mit der Mordgroteske „Sterben für die Erben“ eine besonders formstarke Odenthal-Episode vorgelegt. Hier nun darf er für Sonntagskrimis ungewohnt explizit einen amtlichen Psychopathen-Thrill zelebrieren: Der Brahms-Komposition kommt dabei die gleiche Bedeutung zu wie dem Bandwurm, der in den Leichen gefunden wird. In naturwissenschaftlichen Vorträgen werden wir über Verbreitung und Futterweisen des Parasiten aufgeklärt.
Mit dem wie immer beängstigend sanften Lars Eidinger („Alle anderen“) hat man zudem ein hervorragendes Muttersöhnchen gefunden. Das Täterrätsel ist gerade mal 40 Minuten gelaufen, da ahnt man schon, dass nur er die böse treibende Kraft sein kann. Wie schön: Statt mitraten zu müssen, darf man sich bei diesem prunkvoll in Szene gesetzten Geburtstags-„Tatort“ ganz an den vielen ekligen und eleganten Details delektieren.
■ „Tatort: Hauch des Todes“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD