Dank Hartz IV in Dauerduldung

Auch Ein-Personen-Haushalte, die von Hartz IV leben, müssen sich jetzt billigere Wohnungen suchen – die es nicht gibt

Günstige Single-Wohnungen sind in Bremen Mangelware – das hat die Sozialbehörde im vergangenen Jahr selbst eingeräumt, nachdem ein Gutachten zum Wohnungsmarkt diesen gefühlten Verdacht mit Zahlen erhärtete. Dennoch wurden seit dem ersten Juli die ersten allein wohnenden ALG II-Empfänger angeschrieben, die mehr Miete zahlen, als die Bagis erlaubt. Wer mindestens 30 Prozent über dem festgelegten Regelsatz liegt, hat jetzt ein halbes Jahr Zeit, sich eine günstigere Bleibe zu suchen. Abhängig vom Baujahr darf diese zwischen 245 und 325 Euro kosten. In den nächsten Schritten werden diejenigen angeschrieben, die 20 Prozent über dem Satz liegen, sie haben anderthalb Jahre Zeit.

Die Bagis weiß, dass es kaum möglich ist, billigere Ein-Personen-Wohnungen zu finden. Sie hat die gemäß Hartz-IV zu teuer wohnenden Ein-Personen-Haushalte deshalb bewusst erst ein halbes Jahr später angeschrieben, als die Haushalte, in denen mehr als eine Person leben und für die es, jedenfalls rein numerisch, eine größere Auswahl an Wohnraum gibt. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt hat sich in diesen sechs Monaten allerdings nicht merklich verbessert. Margot Müller von der Solidarischen Hilfe schildert den Fall eines Mannes, der seine Gewoba-Wohnung, in der er seit 30 Jahren lebt, verlassen soll, weil sie zu groß und zu teuer sei. „Er hofft zwar, dass ihm ein Umzug wegen Unzumutbarkeit erspart bleibt, aber er hat trotzdem schon mal bei der Gewoba angefragt, ob es nicht eine kleinere für ihn geben würde.“ Der Sachbearbeiter dort habe ihm als Antwort nur den Stapel mit Anfragen gezeigt, die alle den gleichen Wunsch äußern, erzählt Müller.

Gewoba-Sprecherin Karin Liedtke bestätigt: „Es gibt unheimlich wenig Spielraum.“ Unabhängig von der Preisklasse gebe es so gut wie keine freien Ein-Personen-Wohnungen. „Die sind sehr stark nachgefragt“, sagt Liedtke: „Die Hartz-IV-Empänger treten da in Wettbewerb mit Auszubildenen und Studierenden.“ Verschärft werde die Situation durch die zunehmende Zahl von Singles.

Da es auf dem privaten Markt nicht besser aussehe als bei der Gewoba, fragt sich Müller von der Solidarischen Hilfe, was mit denen geschehe, die sich nachweisbar um eine neue Wohnung bemühten, aber nichts finden könnten. „Wer sich kümmert, hat nichts zu befürchten“, sagt dazu Angela Wessel, Sprecherin der Bagis. Die Frist würde dann noch einmal um ein halbes Jahr verlängert – und das solange, bis die Person eine billigere Wohnung gefunden habe.

Wie die Bagis-Mitarbeiter prüfen wollen, ob jemand alles versucht hat, um an billigeren Wohnraum zu kommen? Dafür gebe es keine Regeln, sagt Wessel. Sinnvoll sei es in jedem Fall, sich in Interessentenlisten bei der Gewoba eintragen zu lassen. Sanktionen müssten vor allem diejenigen befürchten, die die Aufforderung zur Suche nach einer billigeren Bleibe ignorierten. Nach 12 Monaten bekämen diese dann nur noch den Hartz-IV-Wohnungs-Regelsatz überwiesen – die Restmiete müssten sie dann anders aufbringen.

eib