: Helenchen im Licht
ORTSTERMIN Beim Nachwuchspreis First Steps war der Moderator parteiisch und die einzige Preisträgerin 83
Beginnen wir mit der Laudatio auf eine Laudatio: Die Worte, die Filmemacher Chris Kraus („Vier Minuten“) für die 83-jährige Helene Schwarz gefunden hat, „das Wärmekraftwerk einer ganzen Institution“, der Berliner Filmhochschule dffb, zunächst als Sekretärin, heute als Studienberaterin, kamen genau daher, wo laut Kraus bei Helene Schwarz unzählige Filmemacher wohnen, „sogar ein paar Produzenten“: aus vollstem Herzen. Der Saal verneigte sich vor der Ehrenpreisträgerin und erhob sich von den Plätzen.
Im Gegensatz zu den jüngeren Kollegen, die im Laufe der First-Steps-Verleihung 2010 am Dienstag ausgiebig damit kokettierten, sich nicht auf den Ernstfall vorbereitet zu haben, las Schwarz ihre Dankesworte vom Zettel ab und vergaß dabei keine Essenseinladung zu erwähnen – aus Verbundenheit mit diesen Menschen und nicht etwa, weil sie so gern da oben stand auf der gewaltigen Bühne des Theaters am Potsdamer Platz – eher im Gegenteil. Ihre Stimme war brüchig, sie genoss die Aufmerksamkeit, wollte aber gleichzeitig auch schnell wieder da runter. „Helene hasst die Macht, aber liebt den Einfluss“, fasste Chris Kraus ihr Wesen zusammen – großes Kino würde man sagen, auch wenn diese Redewendung ein bisschen verbraucht ist.
Bei First Steps wird seit 2000 auf Initiative der Produzenten Bernd Eichinger und Nico Hofmann kleines Kino ausgezeichnet: Abschlussfilme von Filmhochschulen aus dem deutschsprachigen Raum. Und die sind alles andere als verbraucht und nur vom Budget her klein. Längst ist es üblich, dass Stars wie Senta Berger und Bruno Ganz für wenig Geld, dafür aber voller Überzeugung, mitspielen – durchaus auch in einem Film, wie Sophie Heldmans „Satte Farben vor Schwarz“ (dffb) beweist, der in der Hauptkategorie Abendfüllende Spielfilme Oliver Kienles „Bis aufs Blut – Brüder auf Bewährung“ (Filmakademie Ludwigsburg) unterlag.
In diesem Fall enthielt sich der Moderator des Abends, Schauspieler Franz Dinda, eines Kommentars zur Juryentscheidung, wie auch beim prämierten Dokfilm „Ein Sommer voller Türen“ (Stefan Ludwig, HFF München) – was ihm bei anderen Preisträgern nicht gelang: Mit dem Kurzanimationsfilm „A Lost and Found Box of Human Sensation“ (Martin Wallner & Stefan Leuchtenberg, FH Augsburg) und Fabian Möhrkes mittellangem Spielfilm „Philipp“ (HFF Potsdam) hatten für Dinda ganz offensichtlich die Richtigen gewonnen. Neben den Gesangseinlagen mit „Mr. & Mrs. Clean’s Wedding Orchestra“ machte aber gerade diese Parteilichkeit und Unverstelltheit den Charme von Dindas Moderation aus: Hier führte ein Schauspieler und Filmfan durch den Abend – und keine Moderationsmaschine, die zufällig mit einem der Preisgründer verwandt ist. Eine eher verstörende Beobachtung dagegen war, dass sich die bis auf Helene Schwarz ausschließlich männlichen Preisträger fast alle bei Mutti bedankten – offenbar ist die auch bei Jungs Ende zwanzig noch der erste Mensch, der ihnen in Stresssituationen einfällt. DAVID DENK