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Archiv-Artikel

REAKTIONEN

Der frühere polnische Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa, 62, hat Grass zur Rückgabe der Ehrenbürgerschaft der Stadt Danzig aufgefordert. „Ich fühle mich in dieser Gesellschaft nicht wohl“, sagte Wałęsa, selbst Danziger Ehrenbürger. „Ich weiß nicht, ob man nicht überlegen sollte, ihm diesen Titel abzuerkennen.“ Wenn man gewusst hätte, dass er in der SS war, hätte er die Auszeichnung nicht bekommen.Michael Wolffsohn, 59, Historiker, sieht durch das „beharrliche Schweigen“ Grass’ „moralisierendes“ Werk entwertet: „Bleiben werden Grass’ Worte, nicht seine Werte.“Für den Schriftsteller Walter Kempowski, 77, kommt Grass’ Bekenntnis „ein bisschen spät“. Auch für Grass gelte das Bibelwort: „Wer selbst ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“Auch der Literaturwissenschaftler Walter Jens, 83, stärkte Grass den Rücken. „Ein Meister der Feder hält Einkehr und überlegt sich: Was hast du im langen Leben zu berichten vergessen? Das hat er getan und er verdient meinen Respekt“.Für den Präsidenten der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck, 68, stehen „das künstlerische Werk und seine politische und moralische Integrität auch nach seinem Bekenntnis außer Zweifel“. „Ich trenne nicht zwischen Werk und Person“, sagte Staeck.Literaturkritiker Hellmuth Karasek, 72, meint, dass Grass den Nobelpreis riskiert hätte, „wenn er es früher gesagt hätte“. Für den Kritiker hat Grass die Auszeichnung wie kein anderer deutscher Autor verdient. „Aber auf einmal kommt alles in ein neues Licht.“ Keine Stellungnahme gab es vom Kritiker Marcel Reich-Ranicki, 86: „Kein Wort“ werde er dazu sagen. DPA, AP