piwik no script img

Archiv-Artikel

Rabiate Polizisten eröffnen Nebenschauplatz

Der Anwalt des Jungen, der eine Nacht in Handschellen auf der Wache verbrachte, wirft Polizei Ablenkunsmanöver vor

Von eib

Ob sein Vater ihn vor drei Wochen auf der Wache an der Neustadts-Contrescarpe geschlagen habe und ob er gegen ihn aussagen würde – das soll Simon L. morgen der Polizei erklären. Dabei leidet der 16-Jährige vor allem darunter, wie ihn die Polizisten in der Nacht behandelt hatten, nachdem sie ihn betrunken Rad fahrend aufgegriffen hatten.

„Der wird noch lange daran zu knacken haben“, erzählt sein Vater, Christian L. Mehrere Stunden war sein Sohn mit Handschellen an ein Heizungsrohr gefesselt auf der Wache festgehalten worden (taz berichtete). Simon L. schildert außerdem Misshandlungen durch einen Beamten, der ihn als menschlichen Putzlappen gebraucht haben soll. Zu der Rangelei zwischen Vater und Sohn – so berichten beide übereinstimmend – sei es gekommen, weil Simon L. panisch und aufgebracht war.

Für den Anwalt der Familie ist deshalb die Drohung der Polizei mit einer Strafanzeige wegen Körperverletzung „ein Ablenkungsmanöver“. Außerdem seien fünf Polizisten dabei gewesen: „Die müssten sich dann wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten“, sagt Eckart Behm. Anstatt einen Nebenschauplatz zu eröffnen, solle die Polizei erklären, warum sie erst am Morgen eine Streife zum fünf Fußminuten entfernt wohnenden Vater geschickt habe. Christian L. hatte nach eigenen Angaben geschlafen und das Telefon nicht gehört. „Es wäre ja wohl möglich gewesen, den Jungen mitzunehmen und Sturm zu klingeln“, kritisiert Behm. Das Anketten zum Zwecke der Ausnüchterung halte er jedenfalls für widerrechtlich. Noch sei allerdings nicht klar, ob sein Mandant seinerseits Anzeige wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung stellen würde. Erschwerend komme hinzu, dass Polizisten sich in der Regel gegenseitig decken würden, so Behm. Ein Polizeisprecher teilte gestern mit, dass die internen Ermittlungen derzeit ruhen würden. Ergebnisse lägen nicht vor.

Das Anketten hatte die Polizei damit begründet, dass Simon L. randaliert habe. Nach Hause sei er nicht geschickt worden, weil er wegen seiner Trunkenheit sich und andere hätte gefährden können, so ein Sprecher. eib