: Gute Kredite gibt’s nur am richtigen Ort
Banken orientieren sich bei der Vergabe von Krediten auch an einem Risikoindex. In Berlin schwankt dieser selbst innerhalb der Bezirke stark. So gelten etwa in Marzahn-Hellersdorf einige Gebiete als lukrativ, andere als schwierig
Will ein Unternehmer in Nordpankow von seiner Bank einen Kredit, bekommt er ihn wahrscheinlich zu schlechteren Konditionen als ein Konkurrent in Zehlendorf. Grund dafür ist eine Einteilung der Berliner Kieze nach der Häufigkeit der dortigen Insolvenzen. Diesen so genannten Bonitätsatlas erstellt die Firma Creditreform – und darin bekommen die nach Postleitzahlen geordneten Gebiete der Stadt sehr unterschiedliche Bewertungen: Nordpankow etwa eine glatte 6, das heißt, es besteht laut Creditreform ein sehr hohes Ausfallrisiko. In Zehlendorf dagegen gilt überwiegend ein geringes bis mittleres Ausfallrisiko.
Creditreform Berlin sammelt Wirtschaftsdaten, analysiert sie und stellt sie Finanz- und Privatunternehmen zur Verfügung. Gestern präsentierte die Firma einen „Regionencheck“ für Berlin. Vom Juni 2005 bis Juni 2006 sammelte die Firma alle „Ausfälle“, berichtet Andreas Huber, der Studienleiter der Firma. Damit sind alle Formen der Insolvenz von Unternehmen gemeint. Die Zahl der Ausfälle verglichen mit der Zahl der Firmen in einem Postleitzahlenbereich ergibt dann den Creditreform-Risiko-Indikator mit Kategorien von 1 bis 6. Je niedriger der Wert ist, desto niedriger ist die Gefahr einer Insolvenz.
Benutzt werden diese Daten von Finanzinstituten: Creditreform Berlin arbeitet mit allen Banken der Regionen zusammen. „Bei der Kreditvergabe spielt die Ausfallwahrscheinlichkeit eine wichtige Rolle“, so Huber. In einem Postleitzahlenbereich einer schlechten Kategorie müssten Unternehmer mit schlechteren Kreditkonditionen rechnen, bei einem niedrigen Indikator könne es Erleichterungen geben.
In Berlin wurden im Analysezeitraum die Daten von 155.681 Firmen gesammelt, bei 4.732 Unternehmen lag der „wirtschaftliche Zusammenbruch“ vor. Insgesamt bekam Berlin einen Risikoindikator von 3,04 Prozent und landet damit in der Kategorie 5: Es besteht eine „hohe Ausfallwahrscheinlichkeit“. Das ist deutlich schlechter als der bundesdeutsche Durchschnitt: Dieser liegt laut Huber bei 2,29 – das entspricht einem mittleren Ausfallrisiko.
Auffallend ist, dass in Berlin hohes und niedriges Risiko dicht nebeneinanderliegen. So gibt es im Bezirk Marzahn-Hellersdorf vier Regionen, die mit der Note 6 bewertet wurden und drei, die mit 1 und 2 abschnitten. Das könne unterschiedliche Gründe haben, sagte Huber. In einer Gegend mit wenigen Unternehmen habe eine Insolvenz eine größere Gewichtung, und „dort, wo nichts passiert, kann auch nichts kaputtgehen“.
Für 2007 prognostiziert die Creditreform, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit in Berlin steigt. Grund sind laut Huber die erwartete Anhebung der Zinsen durch die Europäische Zentralbank und die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Marlene Wolf