NPD soll APO bleiben

Die fünf großen Parteien wappnen sich gegen Wahlerfolge von NPD und Republikanern. Mit Aufklärungskampagnen wollen sie die Rechtsextremen in den Bezirken zur außerparlamentarischen Opposition verdammen. Im Detail sind sie sich uneins

VON MATTHIAS LOHRE

Die Angst vor einem Wahlerfolg der Rechtsextremen lässt die großen Parteien zusammenrücken. Zum ersten Mal stellten sich die fünf im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien gestern gemeinsam gegen Versuche von NPD und Republikanern, bei den Wahlen im September in mehrere Bezirksverordnetenversammlungen einzuziehen. Doch SPD, CDU, Linkspartei, Grüne und FDP sind sich nicht so einig, wie sie erscheinen wollen.

Unter dem Titel „Berlin ist, wo Vielfalt gelebt wird“ wenden sich die Parteien gegen das Drängen der Rechten in die Öffentlichkeit. „Die Gefahr, dass sie in einzelnen Bezirken die 3-Prozent-Hürde überschreiten, ist deutlich gegeben“, fürchtet Grünen-Spitzenkandidatin Franziska Eichstädt-Bohlig.

Gesprächsrunden zwischen Politikern und Schülern sollen den Erstwählern die Gefahr von rechts vor Augen führen, Mitglieder der Parteijugendorganisationen mit „Gefährdeten“ ins Gespräch kommen. Überhaupt zielt die Parteienkampagne stark auf junge Menschen. Denn Jugendliche stellten drei Viertel der rechtsextremen Gewalttäter, sagte die Vizelandesvorsitzende der CDU, Astrid Jantz. In den Bezirken dürfen am 17. September erstmals auch Jugendliche ab 16 Jahren über die Zusammensetzung der Lokalparlamente entscheiden.

Die Besorgnis der Politiker wegen eines möglichen Einzugs der ganz Rechten ist begründet. Zwar sitzen derzeit weder die Republikaner noch die NPD in einem der 12 Berliner Bezirksparlamente. Doch fürchten alle Parteien im Parlament, dass die Rechtsextremen stärker zusammenarbeiten. Statt sich wie bislang gegenseitig das Wasser abzugraben, könnten sie pro Bezirk einem Partner den Vortritt lassen – und mit gebündelten Stimmen die 3-Prozent-Hürde überspringen.

Zählt man die Wahlergebnisse von NPD und Republikanern bei den Bezirkswahlen von 2001 zusammen, so kamen sie in Lichtenberg auf 3,7 Prozent und in Marzahn-Hellersdorf auf 4,2 Prozent, in Pankow auf 2,9 Prozent. In Neukölln scheiterten die Republikaner mit ebenfalls 2,9 Prozent nur knapp.

Das finanzschwache Berlin hofft für die Kampagne auf mehr Geld vom Bund. Initiativen und Vereine sollen nach dem Wunsch der Abgeordnetenhausparteien stärker unterstützt werden, aus jährlich neu beantragten Förderungen sollen langfristig gesicherte Programme werden.

Doch hinter dem Bemühen, gemeinsam Gesicht gegen rechts zu zeigen, offenbaren sich Unstimmigkeiten. Beispielsweise bei der Frage: Sollen Rechte, wie gestern und am Montag in Tempelhof-Schöneberg geschehen, öffentliche Veranstaltungsräume zugewiesen bekommen? CDU-Frau Jantz erinnerte an die Rechtslage, die dies jeder Partei zugestehe – ob es deren Gegner passe oder nicht. Linkspartei-Fraktionschef Stefan Liebich hingegen will rechten Parteien Räume verweigern und Prozesse riskieren. Im vergangenem Jahr war der Bezirk Tempelhof-Schöneberg vor dem Berliner Verwaltungsgericht mit dieser Taktik gescheitert.

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