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Archiv-Artikel

EU-Patrouillen vor Afrika: Ein Phantom

Die große EU-Marineoperation zur Flüchtlingsabwehr vor den Kanaren besteht in Wirklichkeit nur aus ein paar Spaniern. Ein portugiesisches Schiff hängt wegen schlechten Wetters fest, von den Finnen und Italienern hat noch niemand etwas gesehen

AUS MADRID REINER WANDLER

Die EU-Agentur „Frontex“ zum Schutz der Außengrenzen der Europäischen Union hat schon wieder ein Problem. Seit Donnerstag liegt eines der zwei Kriegsschiffe, die die Spanier bei der Abschottung der Kanarischen Inseln vor afrikanischen Migranten unterstützen sollen, in Kap Verde fest. Die portugiesische Korvette „Baptista de Andrade“ kann wegen schlechten Wetters nicht aus dem Hafen der kapverdischen Hauptstadt Praia auslaufen. Sobald das Wetter besser wird, soll das Kriegsschiff mit 71 Mann an Bord 45 Tage lang die Gewässer rings um den Inselstaat vor Westafrika nach Flüchtlingsbooten absuchen.

Vor einer Woche war der Beginn von „Hera II“, der ersten gemeinsamen militärischen EU-Grenzoperation, groß verkündet worden. Jetzt kann niemand mit Gewissheit sagen, wie viele Boote, Hubschrauber und Flugzeuge tatsächlich für Frontex im Atlantik tätig sind. Nur so viel ist klar: Das italienische Boot, das zusammen mit der portugiesischen Korvette und zwei spanischen Patrouillenbooten von Frontex in die Region geschickt wurde, ist gar nicht, wie vor einer Woche vermeldet, im Einsatz. „Es ist erst auf dem Weg in den Senegal“, erklärte gestern ein Sprecher des Innenministeriums in Madrid auf Anfrage.

Rätselraten auch um eines der beiden Flugzeuge, ein italienisches und ein finnisches, die angeblich an der Frontex-Operation teilnehmen. Das Ministerium weiß nicht, wo die finnische Maschine eingesetzt wird. Das italienische Flugzeug werde das italienische Schiff im Senegal unterstützen – sobald es dort ankommt, versteht sich.

Hera II beschränkt sich damit im Augenblick auf zwei spanische Boote und einen spanischen Hubschrauber vor der Küste Mauretaniens. „Ob sie genau jetzt vor Ort sind – keine Ahnung“, heißt es aus dem Ministerium. Die Boote müssten immer wieder zur Wartung auf die Kanaren. „Ab dem 25. August ist alles Gerät vor Ort“, beteuert der Sprecher. Ob sie dann auch anfangen zu arbeiten, darauf konnte er sich jedoch nicht festlegen.

Während die portugiesische Korvette mit dem Wetter zu kämpfen hat, reisen die Flüchtlinge weiter. In den letzten Tagen kamen mehrere hundert Afrikaner auf den Kanaren an. Gestern gelangte ein Boot mit 43 Insassen nach Teneriffa und ein weiteres mit 81 nach Gran Canaria. Insgesamt erreichten dieses Jahr bereits über 16.000 Einwanderer die Kanaren.