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Archiv-Artikel

Der Überschuss der Bundesagentur ist zu gering für teure Reformen Nur der Reiz des Augenblicks

Lange mussten deutsche Politiker das glückliche Gefühl vermissen, mit großen Geldbeträgen umzugehen, die sie nicht zuvor gepumpt hatten. Nun ändert sich die Situation: Die Steuereinahmen steigen, und selbst die Bundesagentur für Arbeit rechnet dieses Jahr mit einem Überschuss von 9 Milliarden Euro. Die neue Spendierfreude, die nun im politischen Berlin einkehrt, entbehrt aber leider noch der materiellen Grundlage.

Entgegen den scheinbar großen Zahlen, mit denen Bundestagsabgeordnete der Opposition, aber auch der Regierungsfraktionen in diesen Tagen jonglieren, hält sich der Geldsegen doch in engen Grenzen. So schmilzt der vermeintliche Überschuss der Bundesagentur dahin, weil daraus die beschlossene Senkung der Arbeitslosenbeiträge ab Januar 2007 gedeckt werden muss. Von 9 Milliarden Zusatzeinnahmen in diesem Jahr sind damit schon mindestens 6 verplant.

Den Rest kann die Bundesagentur, die nach dem Willen der Bundesregierung ohne öffentliche Zuschüsse auskommen muss, angesichts des 2007 möglicherweise nachlassenden Wirtschaftswachstums als Rücklage für Notfälle gut gebrauchen. Ähnlich verhält es sich mit dem Bundeshaushalt. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) kann 2006 mit bis zu 15 Milliarden Euro Zusatzeinnahmen rechnen. Diese freilich stopfen die voluminösen Löcher im Etat nur teilweise, während sich neue, etwa in Gestalt höherer Kosten der Arbeitsmarktreform Hartz IV, bereits auftun.

So wäre es grundsätzlich sicherlich richtig, die Sozialbeiträge stärker zu senken als bisher beabsichtigt. Damit würde die große Koalition den Bürgern einen Teil der 24 Milliarden Euro zurückgeben, die ihnen die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 entzieht. Allein: Ob das Geld dafür wirklich vorhanden sein wird, lässt sich jetzt noch nicht beurteilen. Bevor die Bundesregierung schnelle neue Reformen beschließt, um die neuen Überschüsse auszugeben, sollte sie abwarten, ob der neue Verteilungsspielraum im kommenden Jahr wächst oder wieder verschwindet.

HANNES KOCH