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Archiv-Artikel

MAD speichert Daten von Abgeordneten

Jetzt gerät auch der Bundestag ins Visier des Bundeswehr-Geheimdienstes. Der Parlamentsvize der Linken, Bodo Ramelow, war beim Militärischen Abschirmdienst mit einer Parteitagsrede registriert. Abschirmdienst entschuldigt sich brieflich

VON CHRISTIAN FÜLLERUND OTTO DIEDERICHS

Er hatte keine Uniform an, er sprach nicht in einer Bundeswehrkaserne und er redete auch nicht über militärische Fragen. Dennoch kam Bodo Ramelow in die Dateien des Militärischen Abschirmdienstes, MAD. Für seine Agenten stellte der Abschirmdienst damit immerhin Informationen über einen stellvertretenden Fraktionschef im Deutschen Bundestag zur Verfügung. Diese Position hat Bodo Ramelow für „Die Linke.“ im Parlament inne.

Der Geheimdienst der Bundeswehr, der sich laut seines Auftrages strikt auf uniformiertes Personal und sicherheitspolitische Vorgänge zu beschränken hat, entschuldigte sich offiziell bei Bodo Ramelow. Er sei irrtümlich „mit der Inbetriebnahme eines neuen Dokumentenmanagementssystems des MAD … in elektronischer Form recherchierbar geworden“. Die Sache kam ans Licht, weil der Abgeordnete wissen wollte, ob der MAD ihn registriert hat.

Bodo Ramelow sieht die Speicherung seiner Daten beim MAD halb ironisch, halb empört. „Wahrscheinlich wollten die Militärspitzel ein wachsames Auge auf meine Friedenstaube werfen“, sagte Ramelow gestern der taz, „sie ist der einzige Bezug, den ich zum Soldatischen habe.“

Ramelow nennt den Vorgang aber auch einen „Geheimdienstskandal“, dessen Bedeutung weit über den konkreten Fall hinausgehe. „Wenn die Geheimdienste der Bundesrepublik demnächst ganz legal Verknüpfungen zwischen ihren Dateien anlegen“, sagte der Wahlkampfmanager der „Linken.PDS“, dann werde es für die Bürger gefährlich. „Es schützt uns nicht, sondern es setzt den Einzelnen unter Verdacht. Ich bin als Mitglied des Bundestages prominent und kann mich wehren. Was sollen andere tun?“

Es geschah bei einer Veranstaltung, die außerhalb des Einsatzgebietes des MAD liegt. Bodo Ramelow sprach bei „der außerordentlichen Tagung des 9. Parteitages der PDS am 17. Juli 2005 in Berlin“, notieren die Spitzel des Abschirmdienstes akribisch. „In diesem Rahmen warnten Sie in Bezug auf eine Kooperation mit der WASG davor, das Arrangement mit der WASG als ‚Wahlbündnis‘ zu bezeichnen, und betonten, es gebe keine unzulässigen Wahlabsprachen“, heißt es in einem Brief, mit dem ein MAD-Beamter nun Abbitte bei Ramelow leistet.

Wirklich neu ist die MAD-Überwachung von Politikern nicht. Erinnert sei an das Jahr 1987, in dem sich ein ähnlicher Fall in Bremen ereignete. Mit Martin Thomas zog damals der erste grüne Abgeordnete in eine Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) ein. Insbesondere die Amerikaner waren damit aufs Höchste alarmiert – und forderten Informationen über den Abgeordneten an. Bedient wurden sie von MAD sowie Verfassungs- und Staatsschutz über die offiziell als Versorgungseinheit firmierende 7. US-Supcom-Division im nordrhein-westfälischen Rheinberg.

Das Bundesverteidigungsministerium wollte gestern auf Anfrage keinen Kommentar zur Causa Ramelow abgeben. Lange wird diese Haltung nicht gehen – denn der Geheimdienstexperte der Linken, Wolfgang Neskovic, will den Fall vor das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste des Bundestages bringen. Der Fall zeigt, „wie schlecht die deutschen Sicherheitsbehörden organisiert sind“, sagte Neskovic der taz.