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Archiv-Artikel

Die umstrittene HSV-Leitfigur

Von RLO

Es war am 1. September 2009, 2. Spieltag, der SV Werder Bremen empfing den HSV zum 98. Nordderby. Über Nacht hatte Mäzen Klaus-Michael Kühne einen Deal eingefädelt: die Heimholung von Rafael van der Vaart, der von 2005 bis 2008 erfolgreich beim HSV gewirkt hatte. Kühne pumpte dem perplexen HSV-Vorstand den Großteil der Ablösesumme. Weder der damalige Trainer Thorsten Fink noch der damalige Sportchef Frank Arnesen waren besonders begeistert von dem Deal, brachte er doch das gerade im Umbruch befindliche Gehalts- und Mannschaftsgefüge zusätzlich ins Wanken.

Nun saß das damalige Ehepaar van der Vaart, das Kühne zu den „Beckhams von der Elbe“ aufbauen wollte, auf der Tribüne des Weserstadions, sah wie der HSV 0:2 verlor und ließ sich von dessen Anhängern feiern. Der HSV beendete die Saison überraschend als siebter und leitete daraus den Anspruch ab, in dieser Spielzeit ein ernstes Wort um die Startplätze für die europäischen Wettbewerbe mitzureden.

Zum 100. Nordderby reiste der HSV am Samstag nun als Tabellensechzehnter an und van der Vaart musste eine Halbzeit lang wieder zusehen. Der neue HSV-Trainer Mirko Slomka ließ ihn bis zur Pause auf der Ersatzbank schmoren, obwohl er einsatzbereit war – für einige das Indiz, dass beim HSV endlich ein Trainer nach Leistung und nicht nach Namen aufstellt.

Zuvor hatte Lothar Matthäus den Hamburger Sieg gegen Dortmund, bei dem van der Vaart verletzt zuschauen musste, auch damit begründet, dass der HSV endlich wieder mit elf Mann gespielt habe. Alle hätten gesehen, „dass er der Mannschaft in den vergangenen Wochen nicht geholfen hat“. Bereits nach der 0:3 Niederlage gegen Hertha BSC war van der Vaart von eigenen Fans beschimpft worden.

Es scheint so, als sei van der Vaart mit der ihm zugedachten Rolle als Leitfigur im Abstiegskampf überfordert. Dabei spielt keine Rolle, ob nun die privaten Umwälzungen oder die Unruhe beim HSV größeren Einfluss haben. Im Abstiegskampf zählen läuferische und kämpferische Qualitäten mehr als der Zauberfuß des ehemaligen Zampanos.

Die sportliche Führung scheint das auch so zu sehen, obwohl sie nach außen natürlich behaupten muss, van der Vaart sei „weiter ein Schlüsselspieler“. Eher ist er, wie Sportdirektor Oliver Kreuzer sagte, der Mann „für die besonderen Momente“. So einen hatte er auch in der zweiten Halbzeit bei der 0:1-Derby-Niederlage in Bremen. Aus dem Fußgelenk verlängert er einen Ball von der Strafraumgrenze gefährlich vors Tor. Ansonsten war wenig von ihm zu sehen. Zu wenig für einen Schlüsselspieler im Abstiegskampf.  RLO

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