: Leere Bilderrahmen im Depot
KUBA Raubkunst aus Havanna in Miami. Wie kamen die Bilder aus Kubas Museum der schönen Künste auf den US-amerikanischen Kunstmarkt?
Der Tipp kam aus Miami. Ramón Cernuda, einer der bekannten Sammler kubanischer Kunst des 20. Jahrhunderts, hatte im Nationalen Museum der schönen Künste Havannas angerufen, um sich zu vergewissern, ob er ein Bild von Eduardo Abela wirklich rechtmäßig erworben hatte. Abela, ein Maler und Comiczeichner, der zum Intellektuellenkreis um Alejo Carpentier gehörte, ist jedoch nur einer der Künstler, von denen Werke in Miami angeboten werden. Mindestens elf Arbeiten hat allein Cernuda in Miami aufgespürt, die in Havanna im Depot liegen sollten, es aber nicht tun.
Warum? Weil dort nur noch die leeren Rahmen lagern. Die Bilder selbst waren säuberlich herausgeschnitten worden und durch bunte Leinwände ersetzt worden, so dass der Diebstahl nicht gleich aufflog. Das geht aus einer Presseerklärung des kubanischen Kulturministeriums hervor. Demnach haben sich die Diebe nicht mit Gewalt Zugang zu dem Depot des Museums verschafft, welches sich im Verwaltungsgebäude „Antonio Rodríguez Morey“ befindet. Daher kann der Zeitpunkt des Diebstahls nicht angegeben werden.
Wenige Tatverdächtige
Immerhin sei, so der Direktor des nationalen Registers für Kulturgüter José Antonio Menéndez, der Kreis der Tatverdächtigen mit Zugang zu dem Gebäude daher klein. Laut Menéndez werden dutzende Kunstwerke vermisst.
Darunter das Ölgemälde „Karneval der Kinder“ von Eduardo Abela, wodurch Cernuda erst auf den Kunstraub aufmerksam wurde und das Museum kontaktierte. Das Kunstwerk hatte er in einer Galerie gekauft und ist bereit, es nach Havanna zurückzusenden. Ob sich andere Sammler genauso uneigennützig zeigen, darf bezweifelt werden. Wie viele der Kunstwerke, die im Depot des Museums fehlen, bisher verkauft wurden, ist unklar. Sicher ist, dass unter den Bildern gleich mehrere von Leopoldo Romañach sind, einem der großen Maler Kubas des frühen 20. Jahrhunderts. Cernuda wurden gleich mehrere seiner Bilder angeboten, anderen Galeristen in Miami ebenfalls. Nun haben die kubanischen Behörden Interpol eingeschaltet, um die Bilder aus Miami zurück nach Kuba zu bringen. Auch das FBI ermittelt, um den Kunstraub aufzuklären.
Der ist nicht der erste in der jüngeren kubanischen Geschichte. Bereits 1995 wurde Arquímides Matienzo, der damalige Verwalter des Museums der schönen Künste, gemeinsam mit fünf Spießgesellen für den Raub von vierzig Kunstwerken verantwortlich gemacht. Damals war über die Beteiligung hoher politischer Kreise spekuliert worden.
Das ist derzeit nicht der Fall. Wie die Bilder die Insel verlassen konnten und ob die Kunstwerke den Weg auf die Insel zurückfinden werden, ist derzeit allerdings noch vollkommen offen.
KNUT HENKEL