Affengruß verboten

Viel gelacht, trotzdem nichts gewusst: Die Doku „Heil Hitler, das Schwein ist tot!“ (ARD, 23.15 Uhr) versucht sich am „Humor unterm Hakenkreuz“ und scheitert nur knapp an der Perfidie der NS-Witze

VON STEFFEN GRIMBERG

„Dieser Mann – hat er Spaß verstanden?“ – Natürlich nicht. Die erste Frage in Rudolph Herzogs Film ist noch verhältnismäßig leicht zu beantworten, doch trifft sie – wie Herzog bald selber zeigen wird – nicht den Kern des Problems. Der „Humor unterm Hakenkreuz“ ist eine komplexere Angelegenheit. Nicht zuletzt, weil sich die Stoßrichtung im Verlauf des nur zwölf Jahre währenden „Tausendjährigen Reiches“ immer wieder verschob: von den gutmütigen Sticheleien über Görings Leibesfülle und Orden-Geilheit bis zum fatalistischen Spott in der zweiten Hälfte des Weltkrieges.

Doch der Film, an dem Herzog rund zwei Jahre gearbeitet hat, stellt klar: Die große, heimlich-witzige Opposition, die vor allem in den Fünfziger- und Sechzigerjahren in Buchveröffentlichungen über den „Flüsterwitz im Dritten Reich“ beschworen wurde, hat es so nie gegeben. Selbst das Erzählen von Anti-Hitler-Witzen in der Öffentlichkeit habe, jedenfalls nach Herzogs Darstellung – oft nur für diejenigen Menschen fatale Konsequenzen gehabt, derer sich das Regime noch aus anderen Gründen entledigen wollte. Dafür entlarven viele Witze die spätere Behauptung, man habe von den Verbrechen des NS-Staates nichts mitbekommen: „Die Witze haben ja gezeigt, dass die Leute wussten, was los war“, sagt im Film der Zeitzeuge und Ex-„Scheibenwischer“ Dieter Hildebrandt.

Leider gelingt es dem Film nicht durchweg, die Perfidie der Humorwarte des Regimes herauszuarbeiten: die ganz kalkuliert zugelassene Funktion des Witzes als Ventil, in der tolerierten Intensität immer angepasst an die aktuellen Umstände. Gewöhnungsbedürftig sind auch die nachgespielten Witze, die in ihrer Überzeichnung unangenehm klamaukig wirken.

Wie vieles wurde auch der Humor im Dritten Reich zum Verwaltungsakt: An die Stelle der geflohenen Größen von Werner Finck bis Kurt Gerron traten die neuen regimeerhaltenden Unterhalter vom Stamme Harmlos wie Heinz Rühmann. Und als die Affen der Schaustellerfamilie Petter den sorgfältig einstudierten Hitlergruß nicht nur Parteigenossen, sondern allen Uniformierten vom Postboten bis zum Zirkusdirektor entboten, erließ die gleichgeschaltete Justiz eigens per Verordnung Tieren den „Deutschen Gruß“ untersagte.

Ja, das Dritte Reich war „ein Sammelsurium von Komikern“ (Hildebrandt) – Spaß verstanden haben sie nicht.

Das Buch zum Film: „Heil Hitler, das Schwein ist tot!“ Eichborn, Berlin 2006, 19,90 Euro