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Archiv-Artikel

Auch die Mobilfunkbranche ist reif KOMMENTAR VON DETLEF GÜRTLER

Es muss eine aufwendige Prozedur sein, ein Gespräch vom einen in ein anderes Mobilfunknetz zu leiten. Denn während Gespräche innerhalb eines Netzes schon für 1 oder gar 0 Cent pro Minute zu haben sind, werden die Centbeträge mit dem Überschreiten der Netzgrenze zweistellig. Und da im kleinen Einmaleins der liberalen Marktwirtschaft zu lernen ist, dass im freien Wettbewerb die Preise nicht viel höher sein können als die Kosten, muss offenbar jeder Anruf von, sagen wir, Vodafone zu E-Plus per Hand umgestöpselt werden. Oder es herrscht kein Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt.

Die Bundesnetzagentur tippt auf Letzteres – und setzt jetzt das freie Spiel der Preisbildung außer Kraft. Sie hatte den vier Netzbetreibern die Chance gegeben, sich freiwillig auf eine Absenkung ihrer sogenannten Terminierungsentgelte zu einigen. Sie haben es nicht fertiggebracht: E-Plus meinte, als kleiner Nachzügler Anspruch auf eine extragroße Portion Entgelt zu haben, was weder Branche noch Behörden überzeugte. Also wird jetzt der Regulierer die Preise festlegen – auf Grundlage der „Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung“.

Diese Entscheidung markiert ökonomisch den Übergang der Mobilfunkbranche aus dem Wachstums- in den Reifezustand. Denn in den Pionierjahren des Handys waren hohe und undurchsichtige Preise politisch gewollt, um den Netzbetreibern Anreize zu bieten, möglichst schnell möglichst leistungsfähige Netze aufzubauen. Die stehen jetzt, und die Extraprofite werden nach und nach wieder eingesammelt.

Politisch bedeutet die Entscheidung der Bundesnetzagentur eine Ohrfeige für die Apologeten der Selbstheilungskräfte des freien Marktes. Wenn man den Unternehmen ihren Freiraum lasse und sich der Staat nicht einmische, werde sich schon eine für alle Seiten auskömmliche Lösung ergeben, behaupten die Laisser-faire-Ideologen. Die Mobilfunker – keine kleinen Krauter, sondern allesamt mächtige Konzerne – haben gerade das Gegenteil bewiesen. Sie haben sich gezankt wie Windelpupser im Sandkasten – bis Papa Staat ihnen die Schäufelchen weggenommen hat. Ein Glück, dass dafür noch genügend Staat übrig ist.

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