Teure Inhalte

Der Direktor der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg Hans Hege über das Ende des Free-TV und den Aufstieg der Deutschen Telekom

INTERVIEW STEFFEN GRIMBERG

taz: Herr Hege, die Digitalisierung der Medien ist im vollen Gange, doch die zuständige Politik verteidigt alte Pfründen wie die Rundfunkgebühr, die jetzt auch auf Computer ausgedehnt werden soll. Ist das nicht arg rückwärtsgewandt?

Hans Hege: Die großen Fragen sind nun mal sehr komplex: Wichtige TV-Rechte wie die Fußball-Bundesliga sind erstmals an Kabelnetzbetreiber verkauft worden. Die Deutsche Telekom macht Internet-Fernsehen und wird so vom Telefon-Konzern zum Anbieter von TV-Programm. Dazu kommt die geplante Verschlüsselung des Satelliten-Fernsehens – diese Diskussion hat erst richtig angefangen.

Die Entwicklung, bei der das Free-TV durch Einführung immer mehr kostenpflichtiger Angebote ausgehöhlt wird, konnte man in den USA seit Jahren verfolgen. Haben wir hier nicht eher schlicht geschlafen?

Es ist doch viel länger gut gegangen, als wir das vor 20 Jahren gedacht haben. Dass das Free-TV-System in Deutschland so viele rein von Werbung lebende Programme hervorgebracht hat, hat doch viele überrascht. Ich kann mich an Prognosen erinnern, die nur zwei bis drei werbefinanzierte Programme für machbar hielten. Außerdem wurde ja auch das öffentlich-rechtliche Angebot ausgeweitet. Wir haben das erfolgreichste Mehrkanalfernsehen im analogen Bereich – und nirgendwo auf der Welt gibt es das so günstig.

Doch damit ist jetzt doch einfach mal Schluss.

Zumindest kommt das System jetzt an seine Grenzen: Bei den Öffentlich-Rechtlichen, weil es nicht mehr unbegrenzt Gebührenerhöhungen gibt. Und bei den Privaten erst recht, weil die Werbefinanzierung an die bekannten Grenzen stößt – der klassische TV-Spot ist ja ein Auslaufmodell.

Ist der Preis der Digitalisierung also der Abschied vom Free-TV?

Das wäre mir etwas zu einfach. Als Kabel- und Satellitenfernsehen eingeführt und damit die große Programmvielfalt möglich wurde, musste doch auch jeder zahlen: beim Kabel monatlich, bei Satellit durch Anschaffung der „Schüssel“ und der Empfangsanlage, die früher ja richtig teurer waren.

Aber man musste nicht extra für die Inhalte bezahlen.

Es gibt hier doch zwei entgegengesetzte Entwicklungen: Die Übertragungstechnologie wird dank Digitalisierung immer billiger. Die Inhalte aber nicht: Gute Ideen und gute Filme bleiben knapp. So ist es doch kein Wunder, dass die Inhalte im Wert steigen – und so auch teurer werden.

Zusätzlich mischen jetzt noch mächtige neue Player im Medienmarkt mit.

Richtig, die Spieler aus dem einen Feld gehen jetzt auch noch auf das andere Feld: Die Telekommunikationsfirmen und Kabelbetreiber werden Programmanbieter. Umgekehrt findet das kaum statt, auch wenn Medienunternehmen theoretisch virtuelle Netzbetreiber im Mobilfunk werden können – wie es zum Beispiel die französische Hörfunkkette NRJ macht. Aber so richtig ins Telekommunikationsgeschäft steigen die Medien nicht ein. Und das ist schon ein Problem: Die Telekom-Konzerne können anders agieren.

Weil ein Konzern wie die Telekom mit rund 60 Milliarden Euro Jahresumsatz ganz anders auf Einkaufstour gehen kann als eine klassische TV-Sendergruppe wie ProSiebenSat.1 mit knapp 2 Milliarden Euro?

Problematisch wird es jedenfalls, wenn Medienunternehmen attraktive Rechte weggekauft werden – wie jetzt bei der Bundesliga. Denken Sie das mal weiter: Die Telekom bekommt ab 2007 auch die Namensrechte an der Liga. Wenn dazu jetzt noch Filmrechte und so weiter kommen, bringt das unter Umständen den Wettbewerb zwischen Telekommunikationsunternehmen und Medien durcheinander.