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Archiv-Artikel

BERLIN - VON KENNERN FÜR KENNER Das Gaeng Gali lässt Einrichtungssünden vergessen

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Asiatisch, ja klar, aber: Garküche oder Restaurant? Das Com Viet und das Ho Vang in Berlin-Mitte

Es gibt mehrere Bilder, die sich unter dem Begriff „typischer Berliner Snack“ aufrufen lassen. Der eine mag da an eine Bulette denken, der andere an Currywurst und Döner. Alles falsch oder zumindest von gestern. Der moderne Berliner liebt es asiatisch. Was dem Londoner das indische Curry-Haus seines Vertrauens ist, das ist dem Berliner das vietnamesische oder thailändische Lokal.

Zwei Restaurants dieser Art, die in Berlin-Mitte wegen der guten Küche auf sich aufmerksam machen, sind das Com Viet und das Ho Vang. Coms, das sind die immer beliebter werdenden Garküchen Hanois, in denen die Massen schnell und günstig eine Schale Reis mit Soße bekommen. Diese Philosophie befolgt auch das Com Viet, bei dem ein auf nüchternes Interieur getrimmter Gast einen Fluchtinstinkt unterdrücken muss. Ramschig sieht es hier aus.

Haupteinrichtungsmaterial ist Bamboo: Tische, Hocker, Theke, alles ist aus diesem Holz geschnitzt. Die Dekoration aus Musikinstrumenten wirkt lieblos zusammengewürfelt. Das lässt nichts Gutes ahnen, täuscht aber gewaltig. Zwar kann man bemängeln, dass die Fleischeinlage in den Currys nicht gerade üppig ausfällt, dafür ist das Gemüse sehr frisch und aller Inhalt vertrauenswürdig. Das Gaeng Gali, ein mildes gelbes Kokosnusscurry mit Erdnüssen, wird im Tontopf mit Reis serviert. Sein Geschmack lässt alle Einrichtungssünden vergessen.

Wer ein ramschiges Ambiente nicht verzeihen mag, aber dennoch nicht auf einen guten Snack verzichten möchte, der ist einige Schritte weiter bei Ho Vang gut aufgehoben. Anstatt der urigen Gemütlichkeit setzt die Einrichtung in diesem Lokal auf klare Linien. Hier sieht es mit dem dunklen Holzboden und den modern-grünen Wänden weniger aus wie in einer Garküche – das Ho Vang ist ein vollwertiges Restaurant. So sind die Teller und das Besteck eleganter, der Service aufmerksamer, das Essen ist aber dem im Com Viet sehr ähnlich. Auch hier ist das Gaeng Gali so hervorragend und abgerundet im Geschmack, dass man jeden Tag bei Ho Vang essen möchte. Empfehlenswert sind auch die kleinen Frühlingsrollen als Vorspeise, die mit Soßen zum Dippen serviert werden.

Skeptikern könnte die Bezeichnung des Asiatischen als Berliner Snack zu weit gehen. Aber dass es inzwischen viele gute asiatische Lokale in Berlin gibt, sollte zumindest als Beweis dafür gelten, dass die Zeiten der Bulette längst vorbei sind.

COM VIET, Münzstr. 3, 10178 Berlin-Mitte, Tel. (0 30) 24 08 52 51, Mo.–Fr. 11–23 Uhr, Sa. 13–23 Uhr, So. zu, S-Bahn Alexanderplatz, Frühlingsrolle 80 Cent, Mittagstisch ab 4 Euro, Cola 1 EuroHO VANG, Rosa-Luxemburg-Str. 17, 10178 Berlin-Mitte, Tel. (0 30) 30 87 54 59, Mo.–Fr. 11–23 Uhr, Sa./So. 12–23 Uhr, Frühlingsrolle 1 Euro, Hauptgerichte mittags ab 4,50 Euro, Cola 1,40 Euro