: Eltern sollen in die Schule gehen
Kreuzberger Grundschule schließt Vertrag mit türkischem Verein, um die Zusammenarbeit mit den Eltern zu verbessern
Rund 40 Kinder des Schulchors der Otto-Wels-Grundschule, viele mit Migrationshintergrund, singen Sätze wie: „Nur wenn wir eng zusammenstehen, sind wir anerkannt.“ Genau das ist auch das Thema des Tages. „Veli aktif“ – auf Deutsch: „Eltern aktiv“ – heißt das neue Projekt der Otto-Wels-Grundschule in Kreuzberg: Zum ersten Mal wurde in Berlin ein Kooperationsvertrag zwischen einer Schule und einem türkischen Elternverein geschlossen. Das Ziel: die Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Eltern verbessern.
Christiane Steimer-Ruthenbeck, die Schulleiterin der Otto-Wels-Schule, weiß aus Erfahrung wie schwer es ist, an Eltern mit Migrationshintergrund heranzukommen, wenn deren Kinder Probleme in der Schule haben. Grund sei oft nur die Sprachbarriere: 85 Prozent der 580 Schülerinnen und Schüler haben einen Migrationshintergrund.
Steimer-Ruthenbeck berichtet, dass an ihrer Schule die Gewaltbereitschaft zunehme. Umso wichtiger sei die Zusammenarbeit mit den Eltern: „Bildung funktioniert nicht ohne Eltern. Es muss Vertrauen aufgebaut werden – die Eltern müssen Ansprechpartner haben.“
Der Kooperationspartner, der Türkische Elternverein in Berlin-Brandenburg, wurde vor über 20 Jahren gegründet, um türkischstämmige Eltern und Schüler in Schulfragen zu beraten. Er bekommt für seine Arbeit an der Grundschule einen eigenen Raum, in dem drei Stunden pro Woche eine Beraterin den Eltern zur Verfügung steht. Dabei können Fragen im Bereich Schule, Bildung und Erziehung mit den Eltern geklärt werden. Neben der Organisation von zweisprachigen Elternabenden gehört die Vermittlung zwischen Lehrern und Eltern zu seinen Aufgaben.
Die stellvertretende Vorsitzende, Tülay Usta, hofft, durch die Arbeit bei den Eltern mehr Vertrauen zu wecken: „Die Schule ist für viele einfach nur eine Behörde. Da gibt es Berührungsängste“, sagte sie bei der Unterzeichnung des Vertrags gestern. Geplant ist, an fünf weiteren Grundschulen eine ähnliche Kooperation zu starten.
Auch der Integrationsbeauftragte des Senats, Günter Piening, sieht in der Zusammenarbeit eine große Chance: „Dieses Projekt zeigt gute Ansätze, um eine Schule fit für die Zukunft zu machen.“ Piening betont, dass er sich mehr solcher fester Bündnisse wünscht. Eine lockere Zusammenarbeit mit Elternvereinen – wie sie bereits mehrfach existiere – reiche nicht aus, um die Eltern mit Migrationshintergrund gut genug in die Schule zu integrieren. TIM-NIKLAS KUBACH