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Archiv-Artikel

Linke Journalisten im Visier

BESPITZELUNG Sechs der in Niedersachsen überwachten Journalisten sollen verfassungsfeindlichen Parteien angehört haben. Trotzdem wurden sie laut Verfassungsschutz zu Unrecht beobachtet

Die Aufregung um die vom Verfassungsschutz in Niedersachsen nach eigener Einschätzung zu Unrecht beobachteten Journalisten war groß. Ein halbes Jahr nach Aufdeckung der heftig kritisierten Speicherpraxis hat Innenminister Boris Pistorius (SPD) nun erklärt, sechs der sieben Publizisten seien wegen ihrer Zugehörigkeit zu verfassungsfeindlichen Gruppierungen in die Datei der Behörde geraten. Die CDU-Landtagsfraktion hatte in einer Anfrage um Auskunft gebeten – die kritisierte Arbeit der Behörde fiel in die Amtszeit des ehemaligen CDU-Innenministers Uwe Schünemann.

Als Pistorius im September über das Löschen der Journalistendateien informiert hatte, hatte er gesagt, es habe keinen Extremismusbezug gegeben. Die Betroffenen hätten sich lediglich für ihre Arbeit mit Extremismus beschäftigt. Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtete, gehörten sechs der sieben beobachteten Journalisten jedoch der DKP oder der Linken an, die bis zum Regierungswechsel in Niedersachsen 2013 noch vom Verfassungsschutz beobachtet wurde.

„Die von Rot-Grün kurz vor Bundestags- und Landratswahlen aufgedeckte Affäre entpuppt sich als wohl kalkulierte Polit-Inszenierung – das ist der eigentliche Skandal“, schimpfte CDU-Fraktionschef Björn Thümler. Pistorius müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, den Verfassungsschutz instrumentalisiert zu haben. Ex-Innenminister Schünemann hatte damals als Landrat in Hameln kandidiert, hatte bei der Wahl aber keine Mehrheit erhalten.

Wie Verfassungsschutzsprecher Frank Rasche erklärte, gibt es keinen Widerspruch zwischen Pistorius’ Äußerungen damals und heute. Alle sechs Speicherungen von Journalistendaten seien fehlerhaft gewesen. In vier Fällen habe der Verfassungsschutz im Laufe der Zeit versäumt, wie vorgeschrieben zu prüfen, ob eine weitere Speicherung der Journalisten noch erforderlich ist. In zwei der Fälle sei die Speicherung unzulässig gewesen. Zu keiner verfassungsfeindlichen Gruppierung gehörte die ebenfalls in der Datei gelandete Rechtsextremismus-Expertin Andrea Röpke.  (dpa)