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Archiv-Artikel

Am letzten Tag ihres Lebens

Geschossen hat nicht sie, zwei Männer waren die Schützen. Doch hingerichtet wird Teresa Lewis – als erste Frau in den USA seit fünf Jahren

I need a miracle“ – „ich brauche ein Wunder“, heißt das Lieblingslied von Teresa Lewis. Sie selbst singt es gern, und wer die Webseite www.saveteresalewis.com anklickt, kann ihr dabei zuhören. Ein Wunder braucht die 41-Jährige tatsächlich. Bleibt es aus, wird sie an diesem Donnerstagabend durch eine Giftspritze sterben.

2003 wurde Lewis wegen der Ermordung ihres früheren Ehemannes und dessen Sohn zum Tode verurteilt. Mordmotiv: die Lebensversicherung. Dass sie die Ermordung tatsächlich mit geplant hat, hat Lewis nie bestritten. Allerdings: Geschossen hat nicht sie, zwei Mittäter schossen – zwei damals 20 und 21 Jahre Männer, denen Lewis für die Tat Geld und Sex versprochen haben soll. Beide sind zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Teresa Lewis hat den Rechtsweg inzwischen ausgeschöpft. Am Dienstag hat der Oberste Gerichtshof mit sieben zu zwei Richterstimmen ihr Gnadengesuch zurückgewiesen – damit ist die letzte Chance dahin, dem Tod zu entkommen. Lewis wird die erste Frau seit fünf Jahren sein, die in den USA hingerichtet wird, und die erste im Bundesstaat Virginia seit 98 Jahren. Virginias Gouverneur Bob McDonnell hat bereits angekündigt, von seinem Recht, auch in letzter Minute noch eine Hinrichtung per Gnadenerlass zu stoppen, keinen Gebrauch machen zu wollen.

Zwei Kernargumente führen Lewis’ Anwälte an, um zu beweisen, dass ein Todesurteil gegen ihre Mandantin ungerechtfertigt ist: Einerseits sei ungerecht, dass die eigentlichen Mörder mit lebenslänglicher Haft davonkommen, während Lewis sterben solle. Und das, obwohl einer der Täter sich in einem Brief an eine Freundin damit gerühmt haben soll, er habe Lewis’ Nähe gesucht, um sie zu dem Mordplan zu überreden.

Außerdem sei Lewis mit einem IQ von 72 zumindest an der Grenze zur geistigen Zurückgebliebenheit. Gerade dieser Aspekt hat auch für nationale und internationale Aufmerksamkeit gesorgt.

Schon kurz nach der Tat hat Teresa Lewis bereut, was geschehen ist. Sie selbst hat der Polizei alles gestanden und sie zu den beiden aktiven Tätern geführt. Aber all das scheint jetzt nicht mehr wichtig. Die Zeit ist abgelaufen, Donnerstagabend um 21 Uhr Ortszeit wird sie sterben –wenn nicht doch noch ein Wunder geschieht. BERND PICKERT