Filmische Argumente für Privatisierungsgegner

AUSVERKAUF Der Dokufilm „Water Makes Money“ beleuchtet den Einstieg von Unternehmen in die Wasserversorgung. Und liefert Gründe, für das Berliner Wasservolksbegehren zu unterschreiben

Das Logo mit dem Haifisch wird sogar schon in Kenia auf T-Shirts getragen

Die globale Antiprivatisierungsbewegung hat möglicherweise ein weiteres Emblem. Die Begleitmusik könnte so beginnen: „Und der Haifisch, der hat Zähne …“ Spitze Zähne hat er viele, der Hai, der im Logo des Berliner Volksbegehrens zur Offenlegung der Verträge zur Wasserteilprivatisierung 1999 nach einem Wasserhahn schnappt. Und wie der neue Dokumentarfilm des Hamburger Regisseurduos Leslie Franke und Herdolor Lorenz zeigt, wird das Motiv sogar schon in Kenia auf T-Shirts getragen.

Ihr Film „Water Makes Money“ dokumentiert, wie die beiden Firmen Veolia und Suez durch die Erschließung wasserförmig sprudelnder öffentlicher Geldquellen in aller Welt die Bevölkerung geschädigt haben. Und wie sie durch die Gründung des „Weltwasserrats“ mit seinen „Weltwasserforen“ ihre Propaganda global verbreiten. Hauptschauplatz des Films ist Frankreich, wo diese beiden weltgrößten Wasserbewirtschafter angeblich rund 80 Prozent der Bevölkerung bedienen. Einer der Informanten ist Jean-Luc Touly, der 30 Jahre lang Verwaltungsdirektor bei Veolia war und irgendwann kritische Recherchen anstellte. Das Unternehmen habe ihm zunächst 1 Million Euro fürs Stillhalten geboten, ihn aber rausgeworfen, als er nicht mitmachte, berichtet er im Film. Die folgenden Gerichtsprozesse habe er alle gewonnen. Toulys Fazit der Konzernaktivitäten: „Aus Wasserverbrauchern werden Milchkühe.“

Das wird vom Film faktenreich untermauert. Das französische Pendant zur Stiftung Warentest etwa stellte fest, dass viele privatisierte Betriebe stark überteuertes Wasser verkaufen. Für Bordeaux, Grenoble und Toulouse arbeitet der Film die Tricks der Unternehmen auf, die im ersteren Fall schon zu einer Rückzahlung unrechtmäßiger Gewinne in Höhe von 200 Millionen Euro führten.

Dass es bei Privatisierungen Korruption gibt und zwischen den genannten Konzernen und Regierungskreisen im Lauf der Jahre Personal hin und her wechselte, schockiert heutzutage wohl kaum noch. Doch der Film wartet mit der überraschenden Erkenntnis auf, dass auch ganz andere politische Kreise die Wasserkapitalisierer unterstützen. So gab es gegen den letztendlich erfolglosen Versuch der Rekommunalisierung der Wasserversorgung im Pariser Umland (Île-de-France) auch gewerkschaftlichen Widerstand. Herdolor Lorenz erklärt das zum einen damit, dass etwa Veolia, wie in Deutschland RWE, ein alter Großkonzern mit vormals staatlicher Beteiligung sei und somit eine gewisse Verbundenheit mit Gewerkschaftskreisen habe, und zum anderen diese Konzerne besser zahlen als Kommunen. Letzteres gelte auch für Berlin.

Volksbegehrensprecher Thomas Rudek bestätigt, dass in Berlin die Privatisierungsfrage die politische Landschaft bisweilen quer zu den üblichen Grenzen spaltet. Und wo es keine inhaltlichen Differenzen gebe, seien es strategische: Die Parteiführung von Die Linke unterstütze im Gegensatz zu Teilen der Basis das Volksbegehren nicht. Deshalb komme von der Partei keine infrastrukturelle Hilfe. Mehr als 100.000 Unterschriften lägen bereits vor, ein Monat bleibt noch, um auf die nötigen 172.000 zu kommen. Würden die erreicht, käme es zum dritten Volksentscheid in Berlin.

Nicht nur in Berlin ist Veolia hierzulande in der Wasserversorgung tätig, 300 deutsche Gemeinden sollen es mittlerweile sein. Im Film ausführlich behandelt wird der Fall Braunschweig, wo gleich mehrere städtische Dienste Veolia überlassen wurden. An kritischen Stimmen mangelt es bei dem Thema nicht, wie der Film zeigt. Sie haben in vielen Ländern auch eine Rekommunalisierung erreicht. Ein Problem sei aber, dass gerade in Frankreich kaum jemand die kritische Argumentation in die Massenmedien trage, da der Druck von Konzernen und sogar staatlichen Stellen groß sei, so Filmemacher Lorenz. RALF HUTTER

■ „Water Makes Money“, heute und morgen im Brotfabrik-Kino und im Kino Sputnik, Mittwoch auch im Lichtblick. Im Oktober in mehreren Stadtteilzentren