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: Weltempfänger, Geldempfänger
Ein von der Digitalradio-Lobby gesponserter Autor schreibt auf Spiegel Online – zufällig über Digitalradiotechnik
Das Leben eines freien Journalisten ist schon schwer. Davon können Tausende berichten, die sich täglich mit kärglichen Zeilenhonoraren herumschlagen müssen. Da ist jegliches Zubrot gern gesehen – ob es nun ein Manuskript für eine Rede, das Verfassen von PR-Texten oder die Konzeption von Werbebroschüren ist. Allerdings: Der Glaubwürdigkeit der „normalen“ journalistischen Arbeit tut das nicht so gut, selbst wenn man sich vorher einen guten fachlichen Ruf erarbeitet hat.
Solch ein Fall ereignete sich jüngst bei Spiegel Online. Aus Anlass der Internationalen Funkausstellung (IFA) erschien dort der Beitrag „Mit WLAN auf Weltempfang“ des Bonner Journalisten Mario Gongolsky. Mit scheinbar kritischen Untertönen („Nachfrage für ein DAB-Radio, und das in Deutschland? Das ist neu, gelten DAB-Radios bislang als schwer verkäuflich.“) berichtete Gongolsky vorab über Neuigkeiten aus der Digitalradioszene. Das fiel ihm nicht schwer, denn seit drei Jahren fungiert Gongolsky als Herausgeber und Chefredakteur des Fachblattes Reinhören, das sich voll und ganz der Digitalisierung des Radios verschrieben hat – mit wohlwollender Unterstützung der DAB-Lobby, die am Gründungskonzept des Blattes mitwirkte und die dem Verlag (Auflage: vierteljährlich 31.500 Exemplare) regelmäßig größere Kontingente zum kostenlosen Verteilen auf Messen und Kongressen abnimmt und mit Anzeigen bedenkt.
Folgerichtig überschreibt Spiegel Online auch eine Fotostrecke ziemlich unkritisch: „IFA-Trends: Digitalradio kommt doch noch“. Kein Wort wird verloren über die weiterhin bestehenden Probleme bei der Ausstrahlung der Signale, wie jüngst in Bayern, wo man nach mehr als zwanzigjähriger Entwicklung festgestellt hat, dass die Bundeswehr gegen eine erhöhte Sendeleistung bei DAB ist. Eine solche Erhöhung ist aber dringend nötig, weil der Empfang im Haus ohne Dachantenne in den meisten Fällen nicht funktioniert. Auch andere Probleme von DAB – von fehlenden Programmen bis hin zur Konkurrenz von Mobil-TV im eigenen Sendernetz – werden nicht erwähnt.
Mathias Müller von Blumencron, Redaktionsleiter von Spiegel Online, hat keine gravierenden Probleme mit dem Artikel, denn schließlich sei Gongolsky ein langjähriger Mitarbeiter, der in der Vergangenheit sehr sachkundige Texte aus dem Bereich der Medientechnik beigesteuert hat. Und mit Autoren von Fachzeitschriften arbeite man immer gerne zusammen. Allerdings: „Man hätte das in diesem Fall kennzeichnen können und sollen. Das werden wir in Zukunft auch tun.“ JÜRGEN BISCHOFF