Strompreise schwanken heftig

Zwischen Isernhagen und Bremen besteht ein Strompreis-Unterschied von 25 Prozent. Im Vergleich der Gaspreise ist die Stadt Achim spitze. Warum das so ist, das kann oder will niemand offiziell sagen

Von Klaus Wolschner

Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen/Bremen hat sich die Mühe gemacht, nachzurechnen: Ein „Musterhaushalt“ (3.500 Kilowattstunden) zahlt in Isernhagen bei den dortigen Energiewerken 545,50 Euro für den Strom im Jahr. In Bremen bei der swb würde derselbe Strom 679 Euro kosten. Das sind 25 Prozent Unterschied. Ähnlich groß ist die Spannweite der Preise beim Gas: Hier liegt Achim an der Spitze mit 804 Euro für 15.000 Kilowattstunden, in Bad Harzburg kostet dasselbe Gas 1.003 Euro. Die swb Bremen liegt da mit 953 Euro im unteren Mittelfeld. Interessant für Bremen: Die Preise der EWE, mit 49 Prozent eine wesentliche Gesellschafterin der swb, liegen im Strombereich (620 Euro) und vor allem im Gasbereich (880 Euro) im günstigeren Drittel.

Dass angesichts solcher Preisunterschiede der Verbraucher mehr Transparenz will, kann Marlene Odenbach, Sprecherin der swb in Bremen, gut verstehen. Die Unterschiede kann sie dabei genauso wenig erklären wie der Chef der Stadtwerke Achim oder der Sprecher der Energiewerke Isernhagen. Denn kompliziert wird es im Detail.

Kommunale Energieunternehmen sind stärker politisch beeinflusst und müssen nicht unbedingt hohe Renditen erzielen. Bremen etwa hat seine Stadtwerke meistbietend verkauft – die neuen Anteilseigner wollen den Kaufpreis refinanzieren und haben im Jahre 2005 eine Umsatzrendite von 7,8 Prozent erzielt. Anteilseigner der Muttergesellschaft EWE sind die Kommunalpolitiker niedersächsischer Gemeinden. Sie stehen eventuell politisch unter stärkerem Druck in der aktuellen Preisdiskussion. Die Umsatzrendite der Sparte Energie liegt bei der EWE deutlich niedriger, schätzungweise halb so hoch – genaue Zahlen, erklärt die EWE, gibt es da nicht.

Besonders grotesk ist die Lage in Isernhagen, denn die dortigen Energiewerke sind nur ein Dienstleister. Dahinter steht die E.on-Tochter Avacon, die die Netze betreut und alle Abrechnungen macht – von ihren eigenen Kunden allerdings einen Spitzen-Strompreis nimmt. Die Isernhagener hätten eben einen sehr schlanken Verwaltungsapparat, heißt es bei der E.on. Aber Preisunterschiede von 25 Prozent lassen sich letztlich damit nicht erklären.

Für rein privat agierende Unternehmen, so erklärt die Bremer Sprecherin Odenbach, geht es natürlich darum, welcher Preis sich „im Markt bildet“. Das heißt zu deutsch: Wenn Yellow in Bremen einen Preis anbietet und aggressiv dafür wirbt, muss die swb reagieren. Die Offenlegung der Strompreis-Kalkulation kommt vor diesem Hintergrund für die swb nicht in Frage – die Wettbewerber würden das ausnutzen. Jeder, dem der Preis nicht passt, kann ja mit dem Preisrechner unter „www.verivox.de“ nachsehen, wer der günstigste Anbieter ist – die Energiewerke Isernhagen bieten ihren Preis in Bremen nicht an.

Beim Gas findet bisher ein Wettbewerb nicht statt. Wenn das Bremer Verwaltungsgericht die Angemessenheit der Preiserhöhungen prüfen will und nicht nur die Preisanpassungsklausel pauschal als rechtwidrig zurückweist, dann, so Odenbach, sei die swb durchaus bereit, einem Gutachter vertraulich ihre Kalkulationen offen zu legen. Am Ende bleibe dann die Frage, was Gutachter als „angemessene Rendite“ anerkennen.