: EU und USA im Clinch mit China
WECHSELKURSE Auf der Herbsttagung des IWF soll es auch um Währungsprobleme geben: Ist die Unterbewertung des chinesischen Yuan schuld an den globalen Ungleichgewichten?
VON NICOLA LIEBERT
Europäer und US-Amerikaner machen gemeinsam Front gegen Chinas Währungspolitik. Gestern trafen sich am Rande des Asien-Europa-Treffens (Asem) in Brüssel führende Vertreter der Eurozone mit Chinas Ministerpräsidenten Wen Jiabao und forderten eine deutliche Aufwertung des Yuan.
Dem Eurogruppen-Chef und luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker zufolge ist die chinesische Währung stark unterbewertet und trägt so zu den globalen Ungleichgewichten bei: Weil der Yuan im Vergleich zu Euro und US-Dollar günstig ist, sind chinesische Exportwaren auf den Weltmärkten konkurrenzlos billig. Entsprechend groß sind die Außenhandelsüberschüsse Chinas.
Die USA, die seit langem mit einem gigantischen Handelsbilanzdefizit kämpfen, versuchen deshalb Peking Druck zu machen: Letzte Woche verabschiedete das Repräsentantenhaus ein Gesetz, das Strafzölle gegen Länder mit künstlich niedrig gehaltenen Wechselkursen vorsieht. Auch wenn kein Land namentlich genannt ist, ist doch klar, wer gemeint ist.
Zwar hatte die chinesische Regierung bereits im Juni versprochen, einen Kursanstieg des Yuan zuzulassen. „Die tatsächliche Entwicklung war aber nicht exakt das, was wir erhofft hatten“, schimpft der Europäische Zentralbankchef Jean-Claude Trichet nun. Zum US-Dollar hat der Yuan nur knapp 2 Prozent gewonnen und zum Euro sogar gut 10 Prozent verloren.
„Wenn der Euro zu stark belastet wird, kann die Wirtschaft in Europa geschwächt werden“, mahnt EU-Währungskommissar Olli Rehn. Darunter würden auch chinesische Exporte leiden.
Probleme mit den Wechselkursen haben auch mehrere Schwellenländer. Insbesondere Brasilien ist bei renditehungrigen Investoren so beliebt, dass immer mehr Geld ins Land fließt. Durch die hohe Nachfrage nach der brasilianischen Währung steigt deren Kurs – und schmälert die Wettbewerbsfähigkeit der brasilianischen Ausfuhren. Finanzminister Guido Mantega warnte bereits vor einem „internationalen Währungskrieg“, der sich zum Handelskrieg auszuwachsen drohe.
Die Währungsungleichgewichte stehen auch bei der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in dieser Woche auf der Tagesordnung. Und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der im November den Vorsitz der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, G 20, übernimmt, hat ebenfalls angekündigt, sich des Themas anzunehmen.
Die Frage ist, ob es zu einer Abkehr vom bisherigen Dogma der angeblich freien Wechselkursbildung kommt. Denn hierbei handelt es sich ohnehin um eine Schimäre. Wie China managen viele Staaten ihre Wechselkurse aktiv oder knüpfen ihre Währungen fest an Dollar oder Euro. „Wir müssen die Wechselkurse der großen Reservewährungen relativ stabil halten“, hatte Ministerpräsident Wen am Montag zum Auftakt des Asem-Gipfels bemerkt. Womöglich wollte er damit nur alle Forderungen abwehren, den Yuan aufzuwerten. Womöglich wollte er aber auch signalisieren, dass China grundsätzlich bereit sei, sich an einem Bündnis zur Stabilisierung der Weltwährungen zu beteiligen.