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Archiv-Artikel

Wowereit hat zwei Probleme

PDS und Grüne stehen als Koalitionspartner für die SPD zur Wahl. Doch gegeneinander ausspielen lassen sie sich kaum: Die PDS liebäugelt mit der Opposition, die Grünen geben sich selbstbewusst

VON MATTHIAS LOHRE

Demut klingt anders. Mit Blick auf die anstehenden Sondierungsgespräche mit der SPD sagte die Grünen-Chefin Claudia Roth gestern: „Wir gehen nicht mit der Erwartung hinein, dass Herr Wowereit glauben kann, wir sind der sozialdemokratisch-smarte Partner.“ Roths Partei weiß sich in einer aussichtsreicheren Verhandlungsposition als noch am Wahlabend erwartet. Denn der Wettstreit zwischen Grünen und Linkspartei um die Macht könnte ausbleiben.

Anders als von der SPD erhofft, will sich die PDS nicht in einem Machtpoker mit den Grünen instrumentalisieren lassen. „Wir werden uns nicht in eine Position begeben, wo man uns in Verhandlungen klein kochen kann mit der Drohung, da ist noch ein anderer Partner“, sagte Linkspartei-Spitzenkandidat und Wirtschaftssenator Harald Wolf gestern. Landeschef Klaus Lederer wurde noch direkter: „Wir können regieren, aber wir müssen nicht regieren.“

Zudem zählte Wolf Bedingungen für eine Fortsetzung der rot-roten Koalition auf. Der Senat müsse den Einstieg in einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor wagen und von weiteren Privatisierungen landeseigener Unternehmen absehen. Auch die Forderung nach einer Einheitsschule mit zehn gemeinsamen Schuljahren könnte für Rot-Rot das Aus bedeuten. Die SPD lehnt einen Zwangseinstieg ab. Immer wieder hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit betont, er wolle „keinen Kulturkampf gegen die Gymnasien“. Falls die PDS darauf beharre, könne daran eine Koalition scheitern. Wolf konterte: Würden die drei Linkspartei-Ziele in Koalitionsverhandlungen nicht umgesetzt, bedeute das den „Weg in die Opposition“.

Falls Wolf seine Drohung wahr macht, wäre der Weg für die erstarkten Grünen frei. Die Partei von Spitzenkandidatin Franziska Eichstädt-Bohlig hat mit 23 Mandaten ebenso viele Parlamentssitze wie die Linkspartei. Gemeinsam mit der SPD kämen sie auf eine knappe Einstimmenmehrheit. Für den Fraktionsvorsitzenden Volker Ratzmann kein Grund, nach einer breiten Dreiparteienkoalition zu schielen. Seine Parteifreunde könnten auch mit knappen Mehrheiten arbeiten. „Wir sind sicher, dass zumindest wir regierungsfähig sind.“

Das Selbstbewusstsein der Grünen klang noch am Wahlabend vorgeschoben. Doch in der Hoffnung, womöglich bald allein im Rennen zu sein, stellen die Grünen ihre Verhandlungsbedingungen. Die Grünen wollen sich nicht auf eine bestimmte Anzahl landeseigener Wohnungen festlegen. Anders als die SPD, die auf rund 270.000 Wohnungen in Staatsbesitz besteht, geht es ihnen vorrangig um eine Sanierung der überschuldeten Unternehmen. Dafür sind die Grünen bereit, große Bestände zu verkaufen. Die BVG soll sich privatem Wettbewerb stellen und dadurch preisgünstiger werden.

Kaum Probleme bei ihren Sondierungsgesprächen werden die Grünen und die SPD beim Thema Bildung haben. Beide Parteien haben zwar die Einführung der Einheitsschule beschlossen, doch im Wahlkampf haben sie stets versucht, davon abzulenken. Sehr unwahrscheinlich, dass sie die leidigen Parteibeschlüsse in absehbarer Zeit umsetzen wollen.

Die SPD steht also vor einer schweren Entscheidung. Wie soll sie die Sondierungsgespräche in dieser Woche führen? Die Grünen wollen zwar mit aller Macht in den Senat. Doch Eichstätt-Bohligs Fraktion werden viele Linke angehören (siehe Interview). Falls nur zwei von ihnen störrisch werden, ist die Mehrheit dahin. Um sie dauerhaft einzubinden, könnte sich die traditionell linke Berliner SPD zu Kompromissen bereit finden.

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