: Jenseits der politischen Debatte
INTEGRATION Ein Kulturprojekt bringt 2.500 Kinder und Jugendliche mit KünstlerInnen zusammen und gibt Migrationshintergründen ein Gesicht
Zwei Ausstellungen und eine Theaterperformance sind zu sehen:
■ Die Inszenierung „Alles, was wir auf Lager haben. The Spices of Life“ läuft in der alten Bahnhofspost heute um 11 Uhr, am 9. Oktober um 18 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos, Anmeldungen unter info@quartier-bremen.de.
■ Die Ausstellung „Ich & Du-Buch“ mit 230 Wanderkunstbüchern und 460 Fotografien ist bis zum 5. Dezember im Überseemuseum zu sehen.
■ „Vom Nabel der Welt“ zeigt im alten Postamt bis 9. Oktober Biografiearbeit, 10 bis 18 Uhr. (taz)
Es ist ein Projekt, das gut in die aktuelle Integrationsdiskussion passt. Aber auf den ersten Blick eher unpolitisch daherkommt. Man könnte auch sagen: praktisch, pragmatischer an das Thema heran geht. Das vierteilige und von einer Tagung begleitete Kinderkulturprojekt „Einwandererhaus – Vom Kommen und Bleiben“ integriert gleich 2.500 Kinder und Jugendliche aus allen Teilen der Stadt, bringt sie mit professionellen KünstlerInnen verschiedener Sparten und Institutionen zusammen und bietet ihnen ambitionierte Bühnen.
Da ist zum einen die Theaterperformance „Alles was wir auf Lager haben. The Spices of Life“, die Regisseur Lee Beagley – diese Saison in mehreren Produktionen der Shakespeare Company engagiert – im alten Postamt am Bahnhof inszeniert. Als Prozessionstheater erinnert es ein wenig an die Arbeiten Johann Kresniks, es fehlt weitgehend an fest gefügten Ordnungen. Räumlich wie inhaltlich: Das Stück erzählt keine fortlaufende Geschichte, sondern ist vielmehr eine Happy-End-Collage in der düsteren, bewusst wenig ausgeleuchteten Atmosphäre leerer, alter Fabrikhallen. Spielerische Szenen, bisweilen von Werkstattcharakter, wechseln mit tänzerischen, in denen neben dem fortgeschrittenen Breakdancer auch mal ein Solo bekam, der gerade einen Standard-Tanzkurs absolvierte.
70 SchülerInnen sind an dieser Theateraufführung beteiligt. Gleich 460 Kinder aus 23 Schulklassen hingegen bringt das „Ich&Du-Buch“ zusammen, dessen 230 Ausgaben derzeit im Überseemuseum ausliegen. Jeweils zwei Kinder ganz unterschiedlicher Herkunft begegnen sich hier. Örtlich versetzt, aber zeitlich parallel erzählen sie sich ihre Geschichten und die ihrer Familien, schreiben und malen Biografien und Träume. Es ist eine individuelle Spurensuche, die vor allem Gemeinsamkeiten zum Vorschein bringt, zugleich dank gelungener Foto-Porträts die Einzelnen heraushebt.
Daneben gibt es im alten Postamt noch eine weitere Ausstellung. Sie heißt „Vom Nabel der Welt“ und ist aus einer Kooperation von 750 Kindern und Jugendlichen mit 45 Einrichtungen hervorgegangen. Auch hier geht es um das Biografische, doch steht hier weniger der Einzelne denn die künstlerische Umsetzung im Vordergrund. Entstanden sind überwiegend Collagen, aber auch Skulpturen und Grafiken, Globen und Klamotten sowie intelligente Adaptionen von Graffitis und Comics. Ein viertes Kulturprojekt – „Passagere Kunst“ in Containern – war nur bis zum Tag der Einheit auf dem Bahnhofsvorplatz zu sehen. mnz