: Ungelöste Fragen im Hochsicherheitstrakt
Der Düsseldorfer Prozess ist ein Präzedenzfall: Er wendet das 2002 beschlossene Anti-Terror-Gesetz erstmalig an
Der Düsseldorfer Prozess um drei mutmaßliche Mitglieder der Terrororganisation Al-Qaida ist in vielerlei Hinsicht einmalig. Seit dem Beginn im Mai diesen Jahres tagt das Oberlandesgericht mehrmals pro Woche im scharf bewachten Hochsicherheitstrakt, Ende Oktober soll das Urteil fallen. Seitdem sind mehr Fragen aufgetaucht, als Antworten gefunden.
Al-Qaida-Mitglieder?
Den drei verdächtigen Männern im Alter von 29 bis 32 Jahren drohen bis zu zehn Jahre Haft. Ihnen wird vorgeworfen, Mitglieder von Al-Qaida zu sein – und nicht, an terroristischen Aktionen beteiligt gewesen zu sein. Möglich macht dies eine Gesetzesänderung nach dem 11. September, nach der auch die Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorgruppe unter Strafe steht. Danach müssen Terroristen nun nicht mehr in Deutschland eine eigene Zelle bilden, um bestraft werden zu können. Die Verteidiger sagen hingegen, eine Mitgliedschaft bei Al-Qaida könne seinen Mandanten nicht vorgeworfen werden – das Netzwerk sei längst zerschlagen, die Kommandostrukturen seien zerstört. Allerdings könnten die Verdächtigen in jedem Fall hinter Gitter landen: Der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling machte schon zu Beginn deutlich, dass die Angeklagten mit einer Verurteilung auch über die Vorwürfe der Anklage hinaus rechnen müssten. So könnte der versuchte Handel mit Uran, der ihnen ebenfalls vorgworfen wird, als Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz gewertet werden. Die Versicherungsbetrügereien könnten auch als schärfer bestrafter banden- und gewerbsmäßiger Betrug geahndet werden.
Lausch-Protokolle?
Die Erkenntnisse der Bundesanwaltschaft stammen fast ausschließlich aus Abhörprotokollen von Gesprächen, die der Angeklagte Peter K. in seiner Mainzer Wohnung geführt hatte. Dies sei ein verfassungswidriger „Lauschangriff“ auf ihre Mandanten und dürfe damit nicht verwertet werden, behaupten die Verteidiger. Der Verzicht auf die so gewonnenen Beweise würde „weite Teile des Beweisgebäudes der Anklage zum Einsturz bringen“, sagte der Verteidiger Axel Nagler. Der Hauptangeklagte habe in den abgehörten Gesprächen übertrieben und Geschichten erfunden, um seine Bekannten zu beeindrucken.
Wer ist angeklagt?
Die Herkunft eines der Angeklagten, Mohamed K., ist völlig unklar. Bei seiner Festnahme notierten die Staatsanwälte, der 30-Jährige sei Iraker. Am ersten Verhandlungstag hingegen sagten sie, er sei „vermutlich Syrer“. Er selbst hingegen behauptet, Iraker zu sein. Sicher ist nur: K. hat seit seiner Einreise nach Deutschland viele Namen benutzt. ANNIKA JOERES