UKW sendet Lebenszeichen

Medienpolitiker entwerfen erstmalig die Zukunft des Digitalradios jenseits der gescheiterten DAB-Technik

Mal wieder das leidige Thema DAB (Digitalradio) und man traute plötzlich seinen Ohren nicht. Nein, es ging nicht um die Qualität der Töne, sondern um die Qualität der Worte. Ausgerechnet aus dem Munde des DAB-Stalinisten Wolf-Dieter Ring, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Neue Medien (BLM) tönte es: „Wir müssen einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass wir bis zum Jahr 2015 keine Abschaltung von UKW haben werden. Das mag kontraproduktiv klingen, aber das ist die Realität!“

Und auch DeutschlandRadio-Intendant, Ernst Elitz, Gastgeber der vom Institut für Europäisches Medienrecht veranstalteten Tagung „Digitales Radio für Deutschland“, durfte am Mittwoch endlich einmal aus der Sachzwangsjacke schlüpfen: Elitz – der sonst allerorten für DAB plädiert, um seinen Sendern eine flächendeckende Verbreitung zu erkämpfen – verriet, wie oft er seinen DAB-begeisterten Technikmitarbeitern nach ein paar Tagen wieder einmal einen DAB-Empfänger zurückgegeben hat, weil das Programm seiner Sender weder im Flughafen noch im Hotelzimmer zu empfangen war.

Endlich bekommt der normale Radionutzer aus berufenem Mund bestätigt, was er längst schon weiß: DAB ist gescheitert. Und doch wird sich DAB womöglich durchsetzen. Nur eben anders, als die Marketingstrategie à la Brechstange es sich ausgedacht hat. Koreanische Handys kommen auf den Markt, die DMB können, eine Technologie für das mobile Fernsehen, die auf dem DAB-Standard aufsetzt. Auch wer kein Mäusekino konsumieren will, kann dann mit dem Handy Digitalradio hören. Und die Massenproduktion macht die nötigen Chips so billig, dass bald jedes neue Radiogerät UKW und DAB wiedergeben kann und wahrscheinlich noch eine ganze Reihe zusätzlicher digitaler Verfahren, so die allgemeine Tendenz auf der Tagung.

Dem Hörer wird es dann egal sein, wie das Signal ankommt, Hauptsache, das Programm ist spannend – wenn er denn überhaupt noch von den Veranstaltern erreicht wird. Gert Zimmer, Deutschland-Chef von RTL-Radio, konstatierte Dramatisches: In den letzten fünf Jahren hätten sich in den verschiedenen Altersgruppen bis zu 25 Prozent der Hörer komplett vom Radio verabschiedet und seien ins Internet abgewandert oder stellten sich per MP3-Player selbst ihr Programm zusammen. Kaum verwunderlich, wenn man sich die Einfallslosigkeit des vorherrschenden Formatradios anhört.

Die Lösung könnten bundesweite Programme sein. Ein Rockradio vielleicht, ein Sport- oder Nachrichtenkanal. Erst die national geschaltete Werbung brächte den Privatsendern genügend Einnahmen aus der Werbung. Stefan Grüttner, Chef der Wiesbadener Staatskanzlei, versprach, dass sich die Ministerpräsidenten auf ihrer Tagung zum Rundfunkstaatsvertrag heute mit dieser Möglichkeit befassen würden. Den gleichen Wunsch der öffentlich-rechtlichen Sender wies er dagegen zurück. Hier gebe es schon die ausdrückliche Aufforderung im Staatsvertrag, dass die Anstalten ihre Programme zusammenlegten. Zusätzliche Programme der ARD wie etwa einen Hörspielkanal lehnte er dagegen ab: „Das schlägt auf die Budgets der Landesanstalten durch.“ J. BISCHOFF