Die Untätigkeit gegenüber den El-Masri-Entführern schadet doppelt
: Sonderregeln für die CIA

Es ist ein neuer Skandal im Skandal: Seit mehr als einem Dreivierteljahr liegen der Staatsanwaltschaft München die Namen der CIA-Agenten vor, die den deutschen Staatsbürger Khaled El Masri Ende 2003 verschleppten. Doch es wird einfach kein Haftbefehl erlassen. Dass es sich bei den Namen nur um Tarnnamen handelt, rechtfertigt die Untätigkeit nicht. Bei normalen Kriminellen wird ein Haftbefehl oft auf den Aliasnamen ausgestellt.

Nun löst die Ausstellung eines Haftbefehls nicht alle Probleme der Strafverfolgung, vor allem nicht in diesem Fall. Sicher würden die USA ihre Agenten nicht ausliefern, egal wie konkret diese benannt werden. Im Zweifel erhalten sie neue Pässe und Identitäten und sind dann sogar wieder weltweit im Einsatz. Und natürlich sind die eigentlichen Schuldigen diejenigen, die die (letztlich völlig absurde) Entführung angeordnet haben.

Es geht hier aber vor allem um die politische Bedeutung der Strafverfolgung. Global gesehen untergräbt jede Ausnahme, die westliche Staaten den USA bei ihren Völkerrechtsbrüchen und Menschenrechtsverletzungen einräumen, die moralische Integrität der westlichen Demokratien im Kampf gegen den islamistischen Terror. Deshalb ist es ausgesprochen schädlich, wenn der Eindruck entsteht, dass bei CIA-Agenten andere Standards gelten als etwa bei Agenten aus einem arabischen Land wie Libyen oder aus dem Iran.

Auch innenpolitisch ist der Anschein der staatsanwaltlichen Untätigkeit fatal. Wenn Integration gelingen soll, dann muss jeder Eindruck vermieden werden, dass eingebürgerte Deutsche wie Khaled El Masri nur Staatsbürger zweiter Klasse sind. Wer sechs Monate lang von einem ausländischen Staat der Freiheit beraubt wurde, der hat ein Recht darauf, dass sich die Justiz nachdrücklich für die Aufklärung des Falles einsetzt.

Verantwortlich für das halbherzige Vorgehen gegen die USA ist diesmal aber nicht die Bundesregierung. Die Staatsanwälte sind Beamte des Landes Bayern, das aber möglicherweise eigene Interessen in dieser Sache hat. Denn noch ist nicht geklärt, ob und wie das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz während der El-Masri-Entführung mit der CIA zusammenarbeitete. CHRISTIAN RATH