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Archiv-Artikel

„Ein zähes Geschäft“

VORTRAG Ökonom spricht über die Folgen der Finanzkrise aus Sicht von VerbraucherInnen

Von THA
Arno Gottschalk, 54

■ ist Diplom-Ökonom und Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Bremen

taz: Herr Gottschalk, wie steht es um die vielen Klagen der Geschädigten der Lehman-Pleite?

Arno Gottschalk: Die sind ein zähes Geschäft. Oft gehen die verklagten Banken in Revision oder es hat Vergleiche gegeben. Für die Gerichte geht es immer um Einzelfälle, zugleich aber um grundlegende Fragen wie die, welche Beratungspflichten die Banken verletzt haben.

Das heißt für die Verbraucher?

Denen obliegt die Beweispflicht: Sie können kaum nachweisen, was die Bank ihnen nicht gesagt hat, da die wenigsten mit Zeugen in eine Beratung gehen – ein Grund, warum wir die Umkehr der Beweispflicht fordern.

Man hat den Eindruck, dass vor allem ältere Menschen zu den geschädigten Anlegern zählen.

Wir als Verbraucherzentrale können das bestätigen. Bei uns beschweren sich zum Teil Altersklassen, bei denen man sich wundert, welch komplizierten Produkte ihnen verkauft wurden.

Woran liegt das?

An einem Kulturwandel im Bankgeschäft. Den Banken geht es nicht mehr um Zinsen, sondern um Provisionen. Sie haben ein Produktsortiment, das möglichst hohe Provisionen verspricht, und das generalstabsmäßig in hoher Stückzahl an die Kunden verkauft wird. Für die Bänker zählt also nicht mehr das, was ihre Kunden brauchen, sondern dass sie offensiv sind und die Kunden schnell zum Unterschreiben zu bringen.

Und da sind Ältere besonders bereitwillig?

Sie sind zumindest sehr vertrauensvoll. Sie verweisen im Nachhinein darauf, dass sie schon immer zu der jeweiligen Bank gegangen sind und dachten, dort seien sie gut beraten. INT: THA

20 Uhr, Haus der Wissenschaft