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Archiv-Artikel

Kunstrundgang Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Rebecca Morris, For Abstractionists and Friends of The Non-Objektive, bis 4. 10., Di–Sa 11–18 Uhr, Galerie Barbara Weiss, Zimmerstr. 88

1970, 1987, 2002 und 2005 hat sich Gerd Winner, der von 1956 bis 1962 an der HdK studierte, mit Berlin auseinandergesetzt. Obwohl die Initialzündung wohl London heißt, war doch Berlin der Ausgangspunkt eines künstlerischen Werks, das um die Stadt und ihre Architektur kreist. Geprägt von der Pop-Art, hatte sich Winner recht bald Fotografie und Siebdruck zugewandt, was ihn 1969 nach London führte, wo Chris Prater, der damals renommierteste Drucker, lebte. Hatten seine ersten Londoner Serien „Transport“ oder „Roadmarks“ die urbanen Embleme ins Zentrum gerückt und damit starken Pop-Appeal, wirken seine New Yorker Serien extrem dynamisch, filmisch, wobei sie deutlich an den experimentellen Film der 20er-Jahre, Ruttmann, Richter oder den italienischen Futurismus erinnern. Seine Berlin-Suiten, wie Winner seine Collagen aus Fotografie, Grafik und schließlich Übermalung nennt, haben dagegen eine eher statische, geometrisch-abstrakte Anmutung, nicht zuletzt das massive Brandenburger Tor, das ihn immer wieder beschäftigt, trägt dazu bei. Im Stillstellen eines vergangenen Aufbruchs, der immer noch höchst lebendig ist, in den Städten, in denen wir leben: darin liegt der Reiz der jetzt gezeigten Bilder. Auch Rebecca Morris interessiert genau dieser vergangene Aufbruch in die Moderne. In einem unkonventionellem Mix aus Kunstgeschichte und Alltag entwickelt sie ihre sehr persönliche Idee von Abstraktion. In mehrschichtigem Farbauftrag aus Öl-, aber auch mal Sprayerfarbe setzt sie ornamenthafte, geometrische Formen wie auch runde, amorphe Farbcluster auf dunklen Grund. Erinnern schattiert-abgestufte Farbsicheln direkt an Sonia Delaunay und die geometrische Abstraktion, führt die Sprayerspur ebenso direkt zum tag und Graffiti, den aktuellen Markern im alten Gehäuse der Moderne.

Gerd Winner – Urbane Strukturen: Berlin–New York, bis 15. 10., Mo–Fr 9–20, Sa, So 10–18 Uhr, VW Automobilforum, Unter den Linden 21