: Pofalla, der Provokateur
Der Islam ist der Hauptverursacher religiös motivierter Gewalt, verkündet CDU-Politiker Pofalla. Muslim-Vertreter reagieren empört. Droht nun der nächste Grundsatzstreit?
BERLIN afp/dpa/rtr ■ Die Debatten um eine Papstrede und eine abgesagte Oper sind noch nicht verklungen – da liefert ein CDU-Politiker einen Anlass zu einem neuen Grundsatzstreit: „Das Problem religiös motivierter Gewalt ist heute fast ausschließlich ein Problem des Islam“, schrieb CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla in einem Gastbeitrag für die Bild am Sonntag. „Gewiss ist es für viele Muslime eine schmerzliche Erfahrung, dass ihre Religion für Gewalt missbraucht wird.“ Es gebe allerdings auch viele Muslime, die aufgehetzt werden könnten.
Pofalla rief die in Deutschland lebenden Muslime auf, der Islamkonferenz Taten folgen zu lassen und für das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Gleichstellung von Mann und Frau sowie für ein friedliches Miteinander einzutreten.
Der Zentralrat der Muslime reagierte empört auf Pofallas Aussagen. Generalsekretär Aiman Mazyek warf dem CDU-Politiker vor, Stereotype zu bedienen und Vorurteile zu befeuern. Die Äußerungen des CDU-Politikers stünden einer demokratischen und aufgeklärten Gesellschaft schlecht zu Gesicht, sagte er dem Tagesspiegel. Möglicherweise sei das Ganze ein Ablenkungsmanöver. „Wer sich vor der vermeintlichen islamischen Gefahr fürchtet, findet den Streit um die Gesundheitsreform vermutlich weniger dramatisch.“
Pofalla betonte, die Union erwarte mehr von den Muslimen als ein Bekenntnis zum Grundgesetz. Die muslimische Seite müsse auch Kritik annehmen. So werde der Dialog zwischen den Religionen dadurch belastet, dass die Muslime die Christen als „ungläubig“ beleidigten. „Wir müssen bereit sein, für unsere christlich geprägten westlichen Werte einzustehen“, sagte der CDU-Politiker. „Wir lassen uns das Gut der freien Meinungsäußerung durch keinen noch so wütenden Protest irgendwo auf der Welt nehmen.“
Auch CSU-Chef Edmund Stoiber appellierte an die Christen, stärker für eigene Werte einzutreten. „Dialog der Kulturen ist nicht eine Art Kompromiss zwischen Werteordnungen“, sagte er dem Focus. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sprach von einem ungleichen Kampf, den Islamisten und die westliche Welt austrügen. „Denn Gewalt können und wollen wir nicht mit Gewalt vergelten.“ Als Politiker überlege man sich inzwischen sehr genau, was man sagen könne, ohne gleich zur Zielscheibe zu werden.
Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck kritisierte die „argumentative Unschärfe“ Pofallas. Er warf ihm vor, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit allein für den Westen zu reklamieren und so den universellen Charakter dieser Ideen aufzugeben. Genau jene Werte könnten aber „die gemeinsame Basis für Christen wie Muslime, für Juden wie Buddhisten oder Atheisten“ sein, sagte Beck gestern in Berlin. Er wünsche sich daher auch von den islamischen Verbänden „ein aktives Eintreten für Glaubensfreiheit und andere Menschenrechte gegenüber islamischen Ländern“.